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Kinderund

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Drucksache 18/11050 – 192 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode<br />

2.4 Ungleiche Lebenslagen junger Menschen<br />

Die in diesem Kapitel skizzierten Befunde und Daten verdeutlichen, dass die Bearbeitung von Kernherausforderungen<br />

des Jugendalters durch junge Menschen unter sehr unterschiedlichen Voraussetzungen geschieht. Jugend<br />

als Integrationsmodus ist durch gesellschaftliche Strukturen sozialer Ungleichheit gekennzeichnet. Anders gesagt:<br />

Nicht allen Jugendlichen und jungen Erwachsenen wird in dieser Gesellschaft Jugend gleichermaßen ermöglicht,<br />

die Möglichkeiten der Qualifizierung, Verselbstständigung und der Selbstpositionierung sind unter<br />

jungen Menschen ungleich verteilt (vgl. ausführlich Kap. 1 und 7). Verantwortlich dafür sind insbesondere regionale<br />

Strukturen, der Zugang zu Ressourcen sowie institutionelle Ausschließungsprozesse. Diese Aspekte sind<br />

in diesem Bericht bislang nur selektiv dargestellt. Vor diesem Hintergrund sollen bestehende Ungleichheiten in<br />

den Lebenslagen junger Menschen im Folgenden noch einmal in knapper Form systematisierend dargestellt<br />

werden, ohne jedoch den Anspruch einer vollständigen Abbildung ungleicher Teilhabechancen junger Menschen<br />

zu verfolgen.<br />

2.4.1 Junge Menschen im Verhältnis zu anderen Generationen<br />

Der Anteil junger Menschen an der Gesamtbevölkerung hat sich im vergangenen Jahrzehnt erneut leicht verringert<br />

und stagniert nun auf niedrigem Niveau (vgl. Abs. 2.1.1). Gegenüber früheren Generationen bilden Jugendliche<br />

und junge Erwachsene aktuell als Gruppe eine gesellschaftliche Minderheit, die ihre Interessen als solche<br />

in verschiedenen Zusammenhängen nur eingeschränkt vertreten und durchsetzen kann.<br />

Auch mit Blick auf das Bildungsniveau, in der institutionellen Einbindung sowie in der Gestaltung von Übergängen<br />

in den Beruf und in die ökonomische Selbstständigkeit haben sich die Bedingungen für junge Menschen<br />

im Vergleich zu früheren Generationen deutlich verändert. So setzt sich der Trend eines seit Jahrzehnten ansteigenden<br />

Bildungsniveaus kontinuierlich fort: immer mehr junge Menschen erreichen eine Hochschulzugangsberechtigung<br />

und qualifizieren sich in akademischen Berufen (z. B. Hadjar/Becker 2006; Lörz/Schindler 2016).<br />

Gegenüber älteren Kohorten verfügen junge Menschen in Deutschland damit heute im Schnitt über deutlich<br />

bessere Qualifikationen, die sich vor allem auf eine vermehrte Teilhabe an akademischer Bildung sowie an<br />

schulischen Berufsausbildungen auswirkt (OECD 2015c, S. 99ff.). Aber diese Erfolgsseite hat eine folgenreiche<br />

Kehrseite: Die anhaltende Höherqualifizierung einer wachsenden Zahl junger Menschen führt zugleich zur Verringerung<br />

der Chancen geringqualifizierter junger Erwachsener, also jener, die einen Aufstieg durch Bildung(szertifikate)<br />

eben nicht realisieren können (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2016, S. 13; Solga/<br />

Wagner 2000). So haben junge Menschen ohne allgemeinbildende schulische oder berufliche bzw. mit nur geringen<br />

Qualifikationen gegenwärtig und in absehbarer Zukunft nur schlechte Chancen auf eine angemessene<br />

Teilhabe am Arbeitsmarkt (zum historischen Vergleich vgl. Abelshäuser 2009).<br />

Parallel zum Anstieg des Qualifikationsniveaus junger Menschen haben sich im Zeitvergleich jedoch auch die<br />

Bedingungen der Einmündung in den Beruf verändert. Hier bekommen junge Erwachsene im Vergleich zu früheren<br />

Generationen die Folgen der Bildungsexpansion und der Flexibilisierung des Arbeitsmarktes zu spüren:<br />

Sie münden einerseits deutlich später in reguläre Beschäftigungsverhältnisse ein (vgl. Bäcker/Hüttenhoff 2016,<br />

S. 55), womit sich die ökonomische Verselbstständigung junger Menschen ebenfalls nach hinten verschiebt.<br />

Andererseits gestalten sich ihre Berufseinstiege durch befristete und geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse<br />

zunehmend unsicherer (Kock 2008; Amlinger u. a. 2014). Für junge Erwachsene ergeben sich, mit<br />

diesen im Vergleich zu anderen Altersgruppen prekären Beschäftigungsformen am Berufseinstieg, zusätzliche<br />

Abhängigkeiten von der Herkunftsfamilie und von sozialen Sicherungssystemen.<br />

2.4.2 Regionale und sozialräumliche Disparitäten<br />

Bedingungen des Aufwachsens und der sozialen Teilhabe für junge Menschen unterscheiden sich z. T. deutlich<br />

zwischen Ost- und Westdeutschland, städtischen und ländlichen Räumen sowie ökonomisch starken und schwachen<br />

Regionen. Dies betrifft zunächst die allgemeine Bedeutung von Jugend sowie den Anteil junger Menschen<br />

aus gesellschaftlichen Minoritäten. So variieren die Anteile Jugendlicher im Vergleich zu anderen Altersgruppen<br />

zwischen Stadt und Land und zwischen West und Ost (vgl. Abs. 2.1.1). Nachkommen von Zugewanderten<br />

machen in einzelnen Großstädten, und dort insbesondere in bestimmten Stadtteilen, weit über die Hälfte, in

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