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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 449 – Drucksache 18/11050<br />

tete und begleitete minderjährige Flüchtlinge – Lebenslagen, Bedarfe, Erfahrungen und Perspektiven aus Sicht<br />

der Jugendlichen“ zeigen, in dem über 100 unbegleitete und begleitete minderjährige Geflüchtete zwischen 14<br />

und 18 Jahren in ihrer Herkunftssprache interviewt wurden. Eine erste Bilanz indiziert, dass es erhebliche Defizite<br />

in Bezug auf das Wissen über die rechtliche Situation, das Verfahren und die eigenen Rechte gibt: „Als<br />

gravierendes Problem zeigt sich die unzureichende Informiertheit der Jugendlichen. Die meisten Jugendlichen<br />

kennen weder ihre Rechte noch den aktuellen Stand ihres eigenen Verfahrens, noch wissen sie, wie es für sie<br />

weitergeht. So erhalten die Jugendlichen häufig lediglich über soziale Netzwerke und den Kontakt zu anderen<br />

Geflüchteten Informationen, was das Risiko von Fehlinformationen birgt“ (Huber/Lechner 2016).<br />

7.4.3 Unterbringung und Wohnen<br />

Auch wenn es vor allem für junge Erwachsene zu den selbstverständlichen alterstypischen Herausforderung<br />

gehört, sich schrittweise vom Elternhaus zu lösen, auszuziehen und in einer eigenen Wohnung – in welcher<br />

Form auch immer – zu leben, so ist dieses in keiner Hinsicht vergleichbar, mit den vielen Zwischenstationen der<br />

Unterbringung junger unbegleiteter Minderjähriger und anderer Geflüchteter. Zugleich gibt es zwischen diesen<br />

beiden Gruppen deutliche Unterschiede, die sich aus den oben skizzierten rechtlich kodifizierten Verfahren<br />

ergeben.<br />

Für junge unbegleitete Geflüchtete ist die Kinder- und Jugendhilfe zuständig. Dies bedeutet für den jungen unbegleiteten<br />

unter 18-Jährigen, dass nach Durchlaufen der vorläufigen Inobhutnahme, der fachlichen Einschätzung<br />

durch das Jugendamt 128 , der Altersfeststellung und der Zuweisung einer rechtlichen Vertretung (vgl. zum<br />

Verfahren Trenczek/Behlert 2016, S. 56ff.; Espenhorst 2016; Rieger 2015) ggf. spätestens nach 14 Tagen die<br />

Verteilung in einen anderen Jugendamtsbezirk und eine andere Einrichtung ansteht – es sei denn, es liegen,<br />

entsprechend den gesetzlichen Vorgaben, Gründe vor, die die Verteilung nicht zulassen.<br />

Im Jahr 2015 wurden 42.309 unbegleitete minderjährige Geflüchtete in Obhut genommen (zum Vergleich: 2014<br />

waren es 11.642; Statistisches Bundesamt 2016a, S. 35). Diese Zahlen dokumentieren eine Steigerung um<br />

263 Prozent von 2014 auf 2015. 91 Prozent aller unbegleitet minderjährigen Geflüchteten waren männlich (Statistisches<br />

Bundesamt 2016a, S. 12). Die Daten des Statistischen Bundesamtes belegen zudem, dass der weit<br />

überwiegende Teil der unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren sind<br />

(vgl. Tab. 7‒4).<br />

128<br />

Die fachliche Einschätzung durch das Jugendamt ist in § 42a , Abs. 2, SGB VIII gesetzlich geregelt: „Das Jugendamt hat während der<br />

vorläufigen Inobhutnahme zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen einzuschätzen,<br />

1. ob das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen durch die Durchführung des Verteilungsverfahrens gefährdet würde,<br />

2. ob sich eine mit dem Kind oder dem Jugendlichen verwandte Person im Inland oder im Ausland aufhält,<br />

3. ob das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen eine gemeinsame Inobhutnahme mit Geschwistern oder anderen unbegleiteten ausländischen<br />

Kindern oder Jugendlichen erfordert und<br />

4. ob der Gesundheitszustand des Kindes oder des Jugendlichen die Durchführung des Verteilungsverfahrens innerhalb von 14 Werktagen<br />

nach Beginn der vorläufigen Inobhutnahme ausschließt; hierzu soll eine ärztliche Stellungnahme eingeholt werden.<br />

Auf der Grundlage des Ergebnisses der Einschätzung nach Satz 1 entscheidet das Jugendamt über die Anmeldung des Kindes oder des Jugendlichen<br />

zur Verteilung oder den Ausschluss der Verteilung“.

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