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Kinderund

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 293 – Drucksache 18/11050<br />

soziale Kompetenzen sind Voraussetzungen dafür, dass in teils internationalen Teams gearbeitet werden kann<br />

(Unger 2014).<br />

Gründe fürs Modding werden in der Unzufriedenheit der Spielenden mit proprietären Produkten bzw. mit der<br />

Umsetzung von Spielideen gesehen. Darüber hinaus motiviert Modder und Modderinnen offenbar die Freude<br />

daran, Geschichten, die bislang nicht oder nur unzureichend umgesetzt wurden, technisch spielbar zu machen<br />

(Sotamaa 2010; Behr 2008) – hier zeigen sich Verknüpfungen zur Fanfiktion Szene: Es werden neue populäre<br />

Praktiken begründet, die sich nicht allein in der Veränderung von Programmcodes erschöpfen, sondern auch zur<br />

Formierung neuer Fankulturen führen und damit auch für die Identitätsentwicklung in mehrfacher Hinsicht<br />

bedeutsam werden können.<br />

Die Tätigkeit des Moddens war viele Jahre aus urheberrechtlichen Gründen verboten. Auch heute noch versuchen<br />

Publisher ihre proprietären Produkte über Abmahnungen zu schützen. Zu einem ersten Umdenken auf<br />

Seiten der Entwickler hat das Spiel „Doom“ beigetragen. 1993 gestattete der Hersteller hier erstmals den Eingriff<br />

in die Dateistruktur eines Spiels. Im Zuge dessen bildete sich eine aktive Szene, die Daten im Spiel modifizierte,<br />

im Internet publizierte und tauschte (Beil 2014). Weitere Spieleentwickler folgten diesem Beispiel. Die<br />

größte Bekanntheit erreichte die Modifikation des Ego-Shooters „Half-Life“: „Counter-Strike“. Dieses Spiel<br />

bzw. diese Mod wurde später als eigenständiges Spiel publiziert.<br />

Ähnlich wie bei den Blogs bekommen die Spieler und Spielerinnen für ihre Leistung bzw. stetige Weiterentwicklung<br />

des Spiels keine monetäre Vergütung, auch bleiben die Rechte an allen Inhalten bei den Produzenten.<br />

Von den kontinuierlichen Erweiterungen mit (kostenlosen) Zusatzinhalten und neuen Spielvarianten profitieren<br />

daher auch in diesem Falle in erster Linie die Spielerhersteller.<br />

4.2.5.2 Hackertum<br />

Modder und Moderinnen werden auch als Teil einer übergeordneten Szene und Kultur betrachtet, die gemeinhin<br />

als Hacker oder Hackerinnen bezeichnet wird. Es handelt sich um junge Erwachsene, die in Computersysteme<br />

oder Softwarestrukturen eindringen, um diese zu erweitern und zu manipulieren oder um neue Codes zur Verbesserung<br />

der Gesellschaft zu entwickeln. 51 Laut eines Pioniers der Szene lassen sich die Bedürfnisse der Hacker<br />

und Hackerinnen in drei Punkte fassen: Demontage (das Bedürfnis, Dinge auseinanderzunehmen), Verbesserung<br />

(das Bedürfnis, Dinge zu verbessern), Kreation (das Bedürfnis, etwas Eigenes zu schaffen) (Raymond<br />

2001). Etabliert hat sich eine eigene Hacker- und Hackerinnen-Ethik, an deren oberster Stelle die Freiheit der<br />

Information steht (Levy 2010/1984). Mit der Durchsetzung des Internets verbreitete sich auch die Idee des Teilens<br />

von Software (z. B. Open-Source) und etablierte sich daran anknüpfend die Freie-Software-Bewegung bzw.<br />

später dann Open-Source-Bewegung 52 als eine Gegenbewegung zu proprietären Software (Krömer/Sen 2011,<br />

S. 125ff.).<br />

Nach Funken lässt sich die Szene der Hacker und Hackerinnen in zwei Kulturen differenzieren: der akademischen,<br />

bei der die Schaffung neuer und die Verbesserung bestehender Infrastrukturen im Vordergrund steht und<br />

die Phreaks und Cracker, die sich eher für die Angreifbarkeit von Computersystemen und die Entlarvung von<br />

Sicherheitslücken interessieren (Funken 2010, S. 191). Differenziert wird teils auch zwischen „Black-Hat-<br />

Hackern“, die ihr Wissen rein kriminell einsetzen und „White-Hat-Hackern“, die jeglichen Schaden zu vermeiden<br />

suchen (Russell/Cunningham 2001, S. 33).<br />

Aussagen darüber, wie sich die Szene zusammensetzt, lassen sich schwer treffen. Es finden sich allerdings<br />

Hinweise darauf, dass die Szene männlich dominiert ist, wenngleich sich auch immer mehr junge Frauen sichtbar<br />

in der Szene verorten, so z. B. die weiblichen Mitglieder („Haecksen“) des Chaos Computer Clubs – der<br />

Interessensvertretung der Hackerkultur in Deutschland. Zurückgeführt wird die männliche Dominanz der Szene<br />

z. B. in den USA darauf, dass Zugänge zu verfügbaren Rechnern anfangs nur auf dem Campus existierten und<br />

diese Rechner nur nachts genutzt werden konnten. Der Zugang war damit für Frauen ebenso erschwert wie für<br />

ethnische Minderheiten, die nächtliche Campusbesuche aus Furcht vor sexistischen und rassistischen Übergriffen<br />

scheuten (Adam 2005). Nagenborg (2006) findet Gründe für die männliche Dominanz in der egalitär geprägten<br />

Hackerethik: Die Form der Arbeitsethik und die Betonung des technischen Aspektes von „Hacking“ als<br />

51<br />

52<br />

Vgl. hierzu www.jugendhackt.de [12.09.2016].<br />

Der Begriff Open Source bezeichnet eine Software, die in einer für den Menschen lesbaren und verständlichen Sprache vorliegt, die beliebig<br />

kopiert, verbreitet und genutzt sowie verändert werden oder in veränderter Form weitergegeben werden darf.

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