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Kinderund

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 405 – Drucksache 18/11050<br />

den Angebotsprofilen erkennbar, die verschiedene Vorstellungen und Ziele miteinander verbinden und die<br />

Grenze dessen, was Kinder- und Jugendarbeit ist, deutlich öffnen und erweitern (vgl. z. B. Ilg 2015; Schmidt<br />

u. a. 2015; Landesjugendring Nordrhein-Westfalen 2009, 2010a, 2012, 2014).<br />

6.5.3 Kinder- und Jugendarbeit: Entgrenzungstendenzen und Schnittstellen zu anderen Feldern<br />

Neben der beschriebenen Ausdifferenzierung und dem Auftauchen neuer Mischformen innerhalb der <strong>Kinderund</strong><br />

Jugendarbeit erschwert eine zweite Entwicklung eine präzise Beschreibung des Feldes: Insbesondere in<br />

jüngerer Zeit mehren sich nicht nur die Schnittstellen mit anderen Praxisfeldern und deren Angebotsformen;<br />

darüber hinaus lässt sich – wie schon vom 14. Kinder- und Jugendbericht für die Kinder- und Jugendhilfe insgesamt<br />

festgestellt (vgl. Deutscher Bundestag 2013, S. 253ff.) – auch für die Kinder- und Jugendarbeit eine zunehmende<br />

Durchmischung der Arbeitsformen und Standards, gleichsam eine Art verstärkter Im- und Export von<br />

Handlungslogiken, feststellen. Die Grenzen zu anderen Bereichen, z. B. der Schule, der Sozialarbeit und der<br />

Arbeitsagentur, sind fließender geworden. Es vermischen sich vor allem in diesen Kontexten die Angebotsformate,<br />

was zu Angebots- und Handlungsstrukturen führt, die sich aus einer „Kombination mit weiteren Maßnahmen“<br />

(Seckinger u. a. 2016a, S. 167) zusammensetzt. Vor allem an den Schnittstellen zur Schule, Gesundheitsförderung,<br />

Kultur, aber auch der Berufsförderung zeichnen sich neue Konstellationen ab.<br />

So verweist z. B. Deinet (2013) auf neue Formen institutionenübergreifender Angebote (Deinet 2013). In diesem<br />

Sinne lassen sich in der Arbeit der soziokulturellen Zentren, der Bürgerhäuser und kommunalen Kultureinrichtungen,<br />

also Orten, die man auf den ersten Blick nicht der Kinder- und Jugendarbeit zuordnen würde, zahlreiche<br />

Parallelen zur und Schnittstellen mit der Kinder- und Jugendarbeit beobachten. Parallelen bedeutet dabei<br />

in vielen Fällen, dass Arbeitsformen der Kinder- und Jugendarbeit in diese Felder übernommen und angepasst<br />

worden sind.<br />

Weitere Befunde aus neueren Untersuchungen zur offenen Kinder- und Jugendarbeit (Seckinger u. a. 2016a)<br />

liefern Hinweise dafür, dass auch aufseiten der Jugendzentren neue Schnittstellen zur Jugendsozialarbeit entstanden<br />

sind. Eine Folge davon ist, dass die offene Kinder- und Jugendarbeit nicht mehr allein auf die Kooperation<br />

zu Trägern der Jugendsozialarbeit setzt, sondern ihr Profil selbst mit Methoden und Ansätzen der Jugendsozialarbeit<br />

füllt. Sie reagiert damit einerseits auf konkrete Bedarfe der Jugendlichen und bietet ihnen Beratung<br />

und Unterstützung an, andererseits sind derartige Entwicklungen auch Ausdruck veränderter gesellschaftlicher<br />

Erwartungen, entsprechender Förderbedingungen und kommunalpolitischer Steuerungen.<br />

Andere Beispiele für diese Form von Entgrenzungsprozessen stellen Angebote, wie z. B. „Street-Kick“, „Mitternachtsbasketball“<br />

oder sozialpädagogische Fußball-Fanprojekte dar, die sich als Form einer mobilen Jugendarbeit<br />

mit Angeboten der Schulsozialarbeit vermischen, die wiederum Arbeitsformen der offenen Kinder- und<br />

Jugendarbeit aufnimmt. Analoges gilt für die gegenseitige Durchdringung von unterschiedlichen Präventionsansätze<br />

und Kinder- und Jugendarbeit, z. B. in der Aufnahme von Ansätzen der Suchtprävention und der Gewaltprävention<br />

(Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg 2015; Landesarbeitsgemeinschaft<br />

Streetwork/Mobile Jugendarbeit Nordrhein-Westfalen e. V. 2012; Simon 2013). Verstärkt kann man darüber<br />

hinaus gerade in jüngster Zeit und angeregt durch das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ beobachten, wie<br />

sich Arbeitsformen der Kinder- und Jugendarbeit und der Demokratie- und Vielfaltförderung gegenseitig bei der<br />

Prävention von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus anregen (vgl. z. B. Hafeneger 2015). 96<br />

Am deutlichsten wird die Tendenz der Entgrenzung im Zusammenhang mit dem Engagement der Kinder- und<br />

Jugendarbeit in der Ganztagsschule der Sekundarstufe I. Auch wenn die strukturelle und fachliche Ausprägung<br />

der Ganztagsschule in der Sekundarstufe I sehr unterschiedlich ist, und Ländervergleiche zeigen, dass es noch<br />

erheblicher Anstrengungen bedarf, um annähernd von einer qualitativen Ausrichtung sprechen zu können<br />

(Klemm/Zorn 2016; siehe auch Kap. 5), ist dennoch dort, wo es zu einem Engagement der Kinder- und Jugendarbeit<br />

kommt, eine Vermischung der Angebote mit Elementen der Schule unverkennbar (Börner u. a. 2014;<br />

StEG-Konsortium 2015, S. 32ff.). Dabei wird die Kinder- und Jugendarbeit nicht nur konfrontiert mit der Verschränkung<br />

formaler und non-formaler Bildungsprozesse, sondern auch mit pädagogischen Herausforderungen,<br />

96<br />

Vgl. z. B. das Projekt „Tacheles! Klare Kante gegen Extremismus“ der Katholischen Landjugendbewegung Deutschland e- V. (KLJB) in<br />

Kooperation mit dem Bund der Alevitischen Jugendlichen in Deutschland e. V. (BDAJ) https://www.demokratie-leben.de/programm<br />

partner/modellprojekte/modellprojekte-zu-ausgewaehlten-phaenomenen-gruppenbezogener-menschenfeindlichkeit-und-zur-demokratiestaer<br />

kung-im-laendlichen-raum/tacheles-klare-kante-gegen-extremismus.html [04.06.2016].

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