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Kinderund

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 461 – Drucksache 18/11050<br />

8 Jugend ermöglichen – Plädoyer für eine neue Jugendorientierung<br />

Im Mittelpunkt dieses Berichts stehen Jugendliche und junge Erwachsene. Nach zwei Jahrzehnten, in denen die<br />

Kindheit, insbesondere die frühe Kindheit, im Zentrum der politischen und gesellschaftlichen Aufmerksamkeit<br />

war, mehren sich nun die Anzeichen dafür, dass das Jugendalter in der heutigen Zeit erneut einer eigenen Betrachtung<br />

bedarf. Die im politischen Raum seit einigen Jahren anhaltenden Bestrebungen, einer „eigenständigen<br />

Jugendpolitik“ den Rücken zu stärken, verweisen auf diesen notwendig gewordenen politischen Vergewisserungsbedarf.<br />

Damit steht Jugend wieder neu im Blickpunkt. Doch welchem Bild, welchem Verständnis vom Jugendalter folgt<br />

diese neue Aufmerksamkeit gegenüber der Jugend? Die Auseinandersetzung mit dem Thema Jugend bedeutet<br />

einerseits, die in der Gesellschaft vorhandenen Vorstellungen von Jugend in ihren Implikationen zu hinterfragen<br />

und andererseits, die Lebenslagen und das institutionelle Gefüge, in dem junge Menschen heute aufwachsen,<br />

dahin gehend zu überprüfen, ob und inwieweit sie den Anforderungen an das Jugendalter und an das junge Erwachsenenalter<br />

zu Beginn des 21. Jahrhunderts entsprechen. Schaffen sie sozial gerechte Bedingungen des<br />

Aufwachsens für alle Jugendlichen und jungen Erwachsenen?<br />

Grundlegend dabei ist, dass sich die heutige Jugend in einer demografisch neuen Situation befindet. Die Relation<br />

zwischen der jungen und der älteren Bevölkerung, also dem anteilsmäßigen Rückgang der Bevölkerung in<br />

der Vorerwerbsphase zugunsten derjenigen in der Nacherwerbsphase, hat sich markant verändert. Damit mindern<br />

sich die Chancen, dass junge Menschen ihre Anliegen angemessen kundtun und auch durchsetzen können.<br />

Auch hat Politik zuletzt nur selten ein ausreichend differenziertes Gespür für die Belange Jugendlicher und junger<br />

Erwachsener entwickelt. Gleichzeitig stehen Jugendliche und junge Erwachsene angesichts der Kernherausforderungen<br />

im Jugendalter unter dem Druck, sich selbst auf dem Weg ins Erwachsenenalter platzieren zu müssen;<br />

sie sind aufgefordert, ihre Stellung in der Gesellschaft und ihre Zukunftschance zu behaupten.<br />

Zudem gilt es, den Unterschied zwischen dem Kindes- und dem Jugendalter neu zu thematisieren, also den Besonderheiten<br />

des ersten gegenüber dem zweiten und dritten Lebensjahrzehnt. Wenn das Jugendalter nicht einfach<br />

die Fortsetzung des Kindesalters unter anderen Vorzeichen, sondern sehr viel mehr von den Übergängen in<br />

das Erwachsenenalter geprägt ist, verbunden mit der Erwartung einer am Ende uneingeschränkten gesellschaftlichen<br />

und politischen Teilhabe sowie einer individuellen und ökonomischen Autonomie, dann müssen für die<br />

Jugendlichen und jungen Erwachsenen soziale Bedingungen vorhanden sein, die es ihnen ermöglichen, zu verantwortlichen,<br />

eigenständigen und demokratischen Bürgerinnen und Bürgern dieser Gesellschaft zu werden.<br />

„Jugend ermöglichen“ ist der Schlüsselbegriff, der das damit verbundene gesellschaftspolitische Anforderungsprofil<br />

zum Ausdruck bringen soll.<br />

Vor diesem Hintergrund sollen im Folgenden die bisherigen Ausführungen in diesem Bericht bilanziert werden.<br />

Im Mittelpunkt stehen daher zunächst die Konturen eines zukünftigen Verständnisses von Jugend (vgl. Abs.<br />

8.1). Diese werden in Thesen zusammenfassend verdichtet, die sich immer auch als politische Empfehlungen<br />

verstehen lassen. In einem zweiten Abschnitt (vgl. Abs. 8.2) werden anschließend die damit verbundenen Herausforderungen<br />

mit Blick auf die im Berichtsauftrag ausgewählten Institutionen sowie die sozialen Dienste im<br />

institutionellen Gefüge des Aufwachsens formuliert. In Analogie zu den entsprechenden Kapiteln 5, 6 und 7<br />

stehen hier die Schule bzw. die Ganztagsschule, die Kinder- und Jugendarbeit sowie die auf das Jugendalter<br />

bezogenen sozialen Dienste im Mittelpunkt. In diesem Kontext wird auch die Situation von geflüchteten jungen<br />

Menschen, insbesondere im Kontext der Kinder- und Jugendhilfe, thematisiert.<br />

Insgesamt versteht sich dieses Kapitel als eine Aufforderung zu einem grundlegend neuen gesellschaftlichen<br />

Dialog über die Frage, wie Jugend zu Beginn des 21. Jahrhunderts ermöglicht werden kann, wobei „Jugend<br />

ermöglichen“ hier einen Modus des eigenständigen Übergangs in das Erwachsenenalter bedeutet und Jugendliche<br />

und junge Erwachsene meint. Die nachfolgenden Betrachtungen betonen dabei nicht so sehr die einzelnen<br />

Empfehlungen, sondern zielen eher auf eine konzeptionelle Neuausrichtung einer Politik für Jugendliche und<br />

junge Erwachsene.

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