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Kinderund

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Drucksache 18/11050 – 396 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode<br />

tig für ihre Einschätzung. Insbesondere die Verdichtung des Schulalltags oder des Studiums hat die Haltung<br />

junger Menschen beeinflusst und evtl. auch verändert. So äußern die in der Studie von Lange und Wehmeyer<br />

befragten Jugendlichen zwar, dass sie mehr als 40 Prozent ihrer freien Zeit in ihrem Verband verbringen wollen<br />

(vgl. Lange/Wehmeyer 2014), diese Zeit konkurriert aber mit anderen Interessen und Pflichten. Der Ausbau der<br />

Ganztagsschule und die Verkürzung der gymnasialen Schulzeit von neun auf acht Jahre, aber auch die zeitliche<br />

Intensivierung des Studiums infolge der Umstellung auf sehr viel schulischer ausgerichtete Bachelor- und Masterstudiengänge<br />

bleibt nicht ohne Einfluss auf die Bereitschaft junger Menschen mit Blick auf die Teilnahme an<br />

Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit.<br />

Wenngleich dies zwar individuell wichtige Faktoren sein mögen, haben sie jedoch – was den Besuch von Einrichtungen/das<br />

ehrenamtliche Engagement in der Kinder- und Jugendarbeit angehen – insgesamt quantitativ<br />

keine so große Auswirkung (vgl. Züchner 2013). Ein Blick auf diejenigen, die durch die Kinder- und Jugendarbeit<br />

erreicht werden, zeigt, dass sich Aktivitäten häufig auf das Wochenende konzentrieren und sich die Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen mehr Flexibilität in den zeitlichen Dispositionen der Angebotsstrukturen wünschen.<br />

Dies könnten Indizien für die zeitliche Übermacht der Schule und ihrer Auswirkung auf die Freizeit Jugendlicher<br />

und ihrer Möglichkeiten sein (vgl. ebd.).<br />

So bleibt die Erkenntnis aus den vorliegenden Hinweisen und Befunden, dass die subjektiven Einschätzungen<br />

Jugendlicher und junger Heranwachsender davon abhängen, ob und wie sie mit der Kinder- und Jugendarbeit in<br />

Kontakt kommen, ob es eher zufällige oder auch nur einmalige „Treffen“ sind oder ob die Angebote der Einrichtungen<br />

und Jugendverbände längerfristig ihren Interessen entsprechen. Die Einschätzungen Jugendlicher<br />

gegenüber der Kinder- und Jugendarbeit sind von einer Vielfalt an unterschiedlichen Kriterien bestimmt, die<br />

sich zum einen auf Aspekte beziehen, die außerhalb der Kinder- und Jugendarbeit liegen und zum anderen direkt<br />

auf die Kinder- und Jugendarbeit, etwa wenn es darum geht, welche Erfahrungen sie dort machen und welche<br />

Gleichaltrigen sie dort treffen können, aber auch welche Entfaltungsmöglichkeiten und Räume sich ihnen<br />

bieten.<br />

6.4.3 Lern- und Bildungsprozesse in der Kinder- und Jugendarbeit<br />

Kinder- und Jugendarbeit stellt einen vielfältigen Möglichkeitsraum für Lern- und Bildungsprozesse Jugendlicher<br />

dar. Um diese Prozesse konkreter bestimmen zu können, sind in den letzten Jahren einige, wenngleich<br />

sicherlich noch zu wenige, Forschungsprojekte angestoßen worden. Gefragt wird in den Studien, welche lernund<br />

bildungsbezogenen Möglichkeitsräume sich Jugendlichen etwa in der Familie, in der Peergroup und vor<br />

allem auch in pädagogischen Settings wie der Kinder- und Jugendarbeit eröffnen (vgl. etwa Düx u. a. 2008;<br />

Golenia/Neuber 2010; Schulz 2010). Damit wird zunehmend der Tatsache Rechnung getragen, dass Lern- und<br />

Bildungsprozesse nicht an einen spezifischen Ort, wie etwa die Schule, gebunden sind, sondern sich über das<br />

gesamte Spektrum jugendlicher Lebenswelten entfalten (Deutscher Bundestag 2005; Grunert 2012b). Insbesondere<br />

die Diskussionen zum non-formalen und informellen Lernen lenkten die Aufmerksamkeit auf die vielfältigen<br />

Lernorte und Lernanlässe – und dabei immer wieder auch auf die Kontexte der Kinder- und Jugendarbeit<br />

(vgl. z. B. Seckinger u. a. 2016b; zur generellen Diskussion um informelles Lernen vgl. Harring u. a. 2016).<br />

Von Interesse ist dabei zum einen allgemein, wie sich Lern- und Bildungsprozesse in den spezifischen Settings<br />

der Kinder- und Jugendarbeit entfalten können; zum anderen wird im Anschluss an die Kompetenzmessungen<br />

der Schulleistungsstudien danach gefragt, welche Kompetenzen als Ergebnisse dieser Lern- und Bildungsprozesse<br />

junge Menschen in diesen Arrangements erwerben.<br />

Diese Fragestellungen zum Gegenstand empirischer Studien zu machen, drängte sich nach der PISA-Studie<br />

2000 (Deutsches PISA-Konsortium 2001) und den daran anschließenden Debatten in der Kinder- und Jugendarbeit<br />

geradezu auf, da der Kinder- und Jugendarbeit schon seit Langem nicht nur ein Bildungsauftrag, sondern<br />

auch „Bildungsleistungen“ zugeschrieben, und auch von ihr eingefordert werden (Deutscher Bundestag 2005,<br />

S. 241).<br />

Damit stellt sich aber gleichsam die Frage danach, wie Lern- und Bildungsprozesse in der Kinder- und Jugendarbeit<br />

empirisch eingeholt werden können. Denn wie plausibel die oben genannten Fragen auch erscheinen, so<br />

schwierig sind sie empirisch zu beantworten. Zum einen sind mit Begrifflichkeiten, wie „Bildungsprozesse“,<br />

„Erfahrungen“, „Lernen“ oder „Kompetenzen“ sehr unterschiedliche theoretische Konzeptionen verbunden, die<br />

wiederum differente Gegenstandsbezüge und methodische Zugänge implizieren. Zum anderen stellt sich die<br />

Frage, wie Prozesse und Produkte von Lernen und Bildung angemessen untersucht und an einen spezifischen

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