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Kinderund

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Drucksache 18/11050 – 372 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode<br />

Ein anderes Indiz für die Pluralisierung der Kinder- und Jugendarbeit zeigt sich in einer wachsenden Etablierung<br />

von Vereinen für junge Migrantinnen und Migranten bzw. von Migrantenselbstorganisationen. Beispiele<br />

dafür sind Neugründungen wie der Bund der muslimischen Jugend (BDMJ/DITIB-Jugend), der Bund Moslemischer<br />

Pfadfinderinnen und Pfadfinder Deutschlands (BMPPD) oder der Jugendverband des Zentralrats der Muslime<br />

in Deutschland (ZMD). Darüber hinaus kam es zu einer Stärkung bereits bestehender Jugendverbände (wie<br />

z. B. die Alevitische Jugend (BDAJ) oder die Muslimische Jugend (MJD)). Gleichzeitig öffneten sich etablierte<br />

Dachverbände: Von der Bundes- über die Landes- bis zur Kreis- und Stadtebene sind diese Verbände oder Vereine<br />

zu Mitgliedern und Kooperationspartnern von Jugendringen geworden und zum Teil in die Förderpläne<br />

integriert worden.<br />

Ihr Anteil an den Mitgliedern von kommunalen Jugendringen ist in den letzten zehn Jahren kontinuierlich gestiegen,<br />

wie die DJI-Jugendringerhebung 2015 zeigt. Inzwischen zählen 39 Prozent der Jugendringe mindestens<br />

eine Migrantenselbstorganisation zu ihren Mitgliedern, während das 2004 erst für 26 Prozent der Jugendringe<br />

galt (vgl. Seckinger u. a. 2012, S. 22). Daran wird deutlich, dass Vereine junger Menschen mit Migrationshintergrund<br />

zunehmend in die Vertretungs- und Förderstrukturen der Kinder- und Jugendarbeit eingebunden sind.<br />

Ein weiteres Thema in punkto Trägerschaft ist die Frage der Selbstverwaltung von Einrichtungen durch junge<br />

Menschen. Spätestens seit den 1970er-Jahren ist die einrichtungsbezogene Kinder- und Jugendarbeit ein Ort für<br />

junge Menschen, der – neben dem Ehrenamt und der Selbstorganisation in Jugendverbänden – weitere Möglichkeiten<br />

und Räume zur Eigeninitiative eröffnet. Seit dieser Zeit sind immer wieder Jugendräume, Jugendhäuser<br />

und jugendkulturelle Einrichtungen durch Jugendliche und junge Erwachsene selbst gegründet, betrieben<br />

und verwaltet worden. Die Selbstverwaltung von Einrichtungen ist unter dem Aspekt der Trägerschaft somit<br />

eine weitere Dimension der Selbstorganisation der Kinder- und Jugendarbeit von und durch junge Menschen.<br />

Die empirische Bestimmung der Größenordnung selbstverwalteter Einrichtungen ist jedoch nicht ganz einfach.<br />

Was jeweils genau unter Selbstverwaltung verstanden wird, variiert und bezieht sich z. B. darauf, dass die Trägerschaft<br />

bei den Jugendlichen selbst liegt, dass Einrichtung und Träger identisch sind, dass ehemalige Jugendliche<br />

im Vorstand sind oder dass der Betrieb der Einrichtung komplett von Jugendlichen selbst bestimmt wird<br />

(vgl. Seckinger u. a. 2016a). Im jeweiligen Selbstverständnis mischen sich die Struktur- bzw. Trägerebene sowie<br />

die Ebene der Alltagsgestaltung in je anderen Kombinationen. Dies ist auch der Grund, warum sich empirisch<br />

aus verschiedenen Perspektiven unterschiedliche Größenordnungen von (DJI-Jugendamtserhebung 2014;<br />

auch Gadow u. a. 2013). Selbstverwalteten Jugendzentren ergeben: Etwa 20 Prozent der Jugendzentren bezeichnen<br />

sich als selbstverwaltet (Seckinger u. a. 2016a, S. 40), während aus der Perspektive der Jugendämter<br />

nur sechs Prozent der Einrichtungen die Bezeichnung selbstverwaltet erhalten.<br />

Die Befunde weisen unter dem Strich darauf hin, dass die Trägerlandschaft der Kinder- und Jugendarbeit vielfältiger<br />

geworden ist. Inwieweit diese Pluralität den sich verändernden Interessen und Bedürfnissen von Jugendlichen<br />

oder deren gewandelten Lebenslagen gerecht wird, oder ob sich darin auch andere Entwicklungen abbilden,<br />

kann hier nicht beurteilt werden. Dabei geht es auch um eine Zunahme von Organisationen und Trägern,<br />

die Angebote im Rahmen der Nachmittagsbetreuung an Ganztagsschulen unterbreiten, deren Angebote eher<br />

dem Bereich der Jugendsozialarbeit zuzurechnen wären. Die Frage ist zudem, inwieweit die Vielfalt der Trägermodelle<br />

als eine Reaktion auf andere veränderte Rahmenbedingungen der Infrastruktur vor Ort zu verstehen<br />

ist.<br />

6.2.3 Personalressourcen und Fachkräfte<br />

Eine Besonderheit der Kinder- und Jugendarbeit ist – im Unterschied zu vielen anderen pädagogischen Arbeitsfeldern<br />

– das Nebeneinander von freiwilligem Engagement und bezahlter Tätigkeit, von Ehrenamt und Hauptbzw.<br />

Nebenberuflichkeit (vgl. Abs. 6.4.1 zu empirischen Daten zum ehrenamtlichen Engagement in der <strong>Kinderund</strong><br />

Jugendarbeit). Das Aufgabenspektrum des berufstätigen Personals ist vielfältig und reicht von der klassischen<br />

Referentinnen- und Referententätigkeit in den Jugendorganisationen über die pädagogische Arbeit in<br />

Einzel- und Gruppensettings sowie themenspezifischen Angeboten in den Einrichtungen bis hin zu den jugendarbeitsspezifischen<br />

Aufgaben der Kooperation mit unterschiedlichen Partnern (aus der Kinder- und Jugendhilfe<br />

selbst, mit Schulen, Polizei oder Politik), allgemeinen Managementaufgaben, Öffentlichkeitsarbeit oder auch<br />

technischen und verwaltenden Tätigkeiten.<br />

Zu den bisherigen Anforderungen an das berufstätige Personal sind in den letzten Jahren neue Schwerpunkte<br />

hinzugekommen. So haben viele Träger der Kinder- und Jugendarbeit begonnen, Angebote zur Gestaltung des

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