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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 413 – Drucksache 18/11050<br />

von einer fest verankerten Einbindung der Kinder- und Jugendarbeit in das System Ganztagsschule reden (vgl.<br />

Arnoldt 2011). Erschwerend kommt hinzu, dass in vielen Ganztagsschulen in jedem Schuljahr neu darüber entschieden<br />

wird bzw. werden muss, welche Kooperationspartner wie und mit welchem Angebot einbezogen werden.<br />

Auf das gegenseitige Verhältnis angesprochen, sahen sich – in der StEG-Trägerbefragung – 2009 etwa<br />

44 Prozent der kooperierenden Träger der Kinder- und Jugendarbeit als gleichberechtigte Partner und etwa<br />

56 Prozent in einer nachgeordneten Rolle. Mit letzterer waren allerdings die meisten einverstanden – 40 Prozent<br />

von allen befragten Trägern der Kinder- und Jugendarbeit –, nur 16 Prozent wünschten sich mehr Verantwortung<br />

(vgl. Züchner 2014, S. 186). Entsprechend muss die bisweilen etwas pauschale Forderung nach gleicher<br />

„Augenhöhe“ bei der Kooperation zwischen Kinder- und Jugendarbeit und Schule auch vor dem Hintergrund<br />

divergierender Ziele und Interessen der Träger geführt werden. Jedenfalls werden in den Befragungen der Jugendzentren,<br />

der Jugendverbände und der Jugendringe die Auswirkungen dieses Engagements auf die (offene)<br />

Kinder- und Jugendarbeit überwiegend positiv eingeschätzt. Es zeigt sich insoweit eine große Offenheit des<br />

Arbeitsfeldes, sich dieser Aufgabe anzunehmen.<br />

Rückwirkungen der Ganztagsschulkooperation auf die eigene Arbeit wurden, wie oben erwähnt, von den Trägern<br />

vor allem in der Erweiterung der Arbeitsfelder sowie dem Ausbau bestehender Angebote gesehen (Seckinger<br />

u. a. 2016a, S. 255; Züchner 2014, S. 190). Etwa 30 Prozent der Jugendzentren sehen als Auswirkungen der<br />

Kooperation zudem zeitliche/personelle Engpässe sowie einen niedrigeren Altersdurchschnitt bei den Besucherinnen<br />

und Besuchern, ein Viertel der Einrichtungen nennt aber auch eine höhere Personalausstattung (Seckinger<br />

2015, S. 255). Über die strukturelle Ebene hinaus wird insbesondere in den Jugendzentren in den westlichen<br />

Bundesländern (von 20 Prozent der Einrichtungen) eine Infragestellung des Prinzips der Freiwilligkeit wahrgenommen.<br />

In der Gesamtperspektive scheinen auch in der aktuellen Debatte die Beziehungen der Träger der Kinder- und<br />

Jugendarbeit zur Ganztagsschule die gleichen Ambivalenzen, Widrigkeiten, Potenziale und fachpolitischen Vergewisserungsprozesse<br />

widerzuspiegeln, wie sie aus der allgemeinen Debatte um das Verhältnis von Kinder- und<br />

Jugendhilfe und Schule bekannt sind (vgl. Deutscher Bundestag 2005; Blum 2006). Dennoch gilt es auch weiterhin<br />

zu konstatieren, dass mit dem Fokus auf die Bildung und Unterstützung von Kindern und Jugendlichen es<br />

auf jeden Fall auch Argumente für die Kooperation der Kinder- und Jugendarbeit mit Schule im Kontext der<br />

Ganztagsschule gibt. Wenn für die Kinder- und Jugendarbeit der Status Quo eines partiellen Dienstleisters festgeschrieben<br />

werden soll, scheinen allerdings neue Impulse und neue Versuche einer konzeptionellen Debatte<br />

notwendig.<br />

Die Plädoyers für eine kontinuierliche Zusammenarbeit zwischen Kinder- und Jugendarbeit und Schule (vgl.<br />

bspw. Jugendministerkonferenz/Kultusministerkonferenz 2004) müssen bei einem kritischen Blick auf den erreichten<br />

Stand als vorerst wenig eingelöst bezeichnet werden. Nicht „die“ Kinder- und Jugendarbeit kann für<br />

eine Kooperation gewonnen werden, genauso wenig wie „die“ Schule.<br />

Vielmehr steht erstens eine Klärung an, ob Kooperationen – im engeren Sinne verstanden als Zusammenarbeit<br />

mit dem Zweck der Erreichung gemeinsamer Ziele bei gleichzeitiger beidseitiger Verantwortungsabgabe – zwischen<br />

Schule und den Trägern der Kinder- und Jugendarbeit zur gemeinsamen Gestaltung und Verantwortung<br />

von Ganztagsschulen auf der politischen Ebene und von den beteiligten Akteuren tatsächlich gewollt sind. Diese<br />

Frage zu bejahen, hieße in der Konsequenz, bestehende Machtverhältnisse und Letztverantwortungen neu zu<br />

überdenken.<br />

Zweitens wäre zu klären, ob die Kinder- und Jugendarbeit und ihre Träger strukturell und inhaltlich überhaupt<br />

in der Lage sind, den Anspruch auf inhaltliche Kooperation einzulösen. Die Gestaltung eines zweistündigen<br />

Angebots einmal pro Woche ist etwas anderes als die generelle Organisation eines Nachmittagsbetriebs. Und<br />

auch die Gestaltung der Nachmittagsbetreuung in eigener Verantwortung ist wiederum eine andere Aufgabe, als<br />

die gemeinsame Gestaltung eines Lern- und Lebensraums Ganztagsschule. Neben der Frage der dafür benötigten<br />

personellen und finanziellen Ressourcen stellt sich dabei auch die Frage nach fachlichen Konzepten für den<br />

dann eben nicht mehr außerschulischen sondern gemeinsamen Bereich. Und dieses würde so etwas wie strukturierte<br />

und gezielte Planungs- und Aushandlungsprozessen voraussetzen.<br />

Verbunden wäre damit drittens die Frage, welche Ressourcen die Träger der Kinder- und Jugendarbeit einbringen<br />

und welche sie zusätzlich zur Verfügung gestellt bekommen, um ein Ganztagsschulangebot umfassend<br />

mitgestalten zu können. Organisatorisch ist die Vielfalt der Organisationen, Trägerstrukturen und inhaltlichen<br />

Ausprägungen von Kinder- und Jugendarbeit noch einmal zu betonen. Überwiegend von ehrenamtlichem Enga-

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