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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 369 – Drucksache 18/11050<br />

Ungeachtet dieses Rückgangs der absoluten Zahl an Einrichtungen ist bei der Entwicklung der Einrichtungen in<br />

Relation zur Zahl der jungen Menschen von sechs bis 21 Jahren ein eher uneinheitliches Bild zu verzeichnen.<br />

Während sowohl in Gesamt- als auch in Westdeutschland mit die schlechtesten Werte seit 20 Jahren festzustellen<br />

sind, dokumentieren die Zahlen für Ostdeutschland einen deutlichen Anstieg. Allerdings ist diese Entwicklung<br />

nicht etwa durch einen Anstieg der Angebote und Einrichtungen zu erklären, sondern vor allem durch einen<br />

demografischen Rückgang der entsprechenden Altersgruppen (vgl. Abs. 2.1).<br />

Eine etwas andere Perspektive auf die Einrichtungsstruktur wird durch die DJI-Jugendamtserhebungen möglich.<br />

Für die Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendarbeit lassen sich gezielter die Unterschiede zwischen<br />

Städten und Landkreisen aufzeigen (vgl. Gadow u. a. 2013, S. 117). So gibt es im quantitativ besser ausgestatteten<br />

Ostdeutschland zusätzliche Unterschiede zwischen Städten und Landkreisen: Interessanterweise sind in den<br />

Landkreisen – gemessen an der Anzahl der Kinder und Jugendlichen zwischen zehn und 25 Jahren – mehr Jugendzentren/Jugendräume<br />

anzutreffen als in Städten.<br />

In Westdeutschland ist das Verhältnis umgekehrt: Hier gibt es in den Städten mehr Einrichtungen. Die rechnerisch<br />

günstigste Relation zwischen der Anzahl der Jugendzentren und der Anzahl der Kinder und Jugendlichen<br />

in den Jugendamtsbezirken findet sich somit in den ostdeutschen Landkreisen, ein Effekt, der sich aufgrund der<br />

flächenmäßig schlechteren Ausstattung jedoch wieder verliert. An diesen Unterschieden zwischen Städten und<br />

Landkreisen bzw. zwischen Ost und West hat sich seit Mitte der 1990er-Jahre nichts Wesentliches verändert.<br />

In der Bilanz der amtlichen Statistik zu den Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit zeigt sich somit im<br />

Zeitreihenvergleich ein deutlicher Rückgang der Einrichtungen in Westdeutschland insgesamt, aber auch im<br />

Verhältnis zur Altersgruppe und in Bezug zur Fläche. In Ostdeutschland wird dagegen keine Veränderung bei<br />

der Zahl der Einrichtungen erkennbar. Aufgrund dessen hat sich die Situation im Verhältnis zur weiter schrumpfenden<br />

Altersgruppe rechnerisch verbessert.<br />

Im Lichte dieser Entwicklung steht die Frage im Raum, ob hinter diesen Zahlen eine massive Schließung von<br />

Einrichtungen und damit ein erheblicher Abbau der Infrastruktur der Kinder- und Jugendarbeit in den westdeutschen<br />

Bundesländern zu beobachten ist. Diese Frage ist so eindeutig nicht zu beantworten. Bei genauerer Betrachtung<br />

der Statistik deuten sich für diesen Rückgang mehrere Gründe an. Ein Grund ist in erhebungspraktischen<br />

Schwierigkeiten auszumachen, mit denen die Statistik der Kinder- und Jugendarbeit seit jeher konfrontiert<br />

ist (vgl. Liebig 2005; Pothmann 2011). So zeigt sich beispielsweise bei genauerer Betrachtung der Ergebnisse<br />

für die Bundesländer im Vergleich zwischen 2010 und 2014, dass insbesondere in Hamburg und Schleswig-<br />

Holstein ein außergewöhnlich hoher Rückgang zu verzeichnen ist. 80 Für eine Schließung von Einrichtungen in<br />

diesem Ausmaß gibt es jedoch in beiden Bundesländern nicht genügend Hinweise.<br />

Erhebliche Rückgänge sind darüber hinaus insbesondere bei der Teilgruppe der „Jugendräume/Jugendheime<br />

ohne hauptamtliches Personal“ zu verzeichnen. Wenn die Zahl der Einrichtungen im benannten Zeitraum insgesamt<br />

um 1.999 zurückgegangen ist, so befinden sich darunter alleine 975 Jugendräume und Jugendheime ohne<br />

hauptamtliches Personal. 81 Dies ist eine Gruppe von Einrichtungen, bei der in der Vergangenheit immer wieder<br />

mehr oder weniger sprunghafte Veränderungen zu beobachten waren, beispielsweise wenn kurzfristig kleinere<br />

Einrichtungen und Räumlichkeiten in Gemeinden und Pfarrhäusern, aber auch bei Wohlfahrts- und Jugendverbänden<br />

für Kinder- und Jugendarbeit nicht mehr zur Verfügung gestellt werden.<br />

Nichtsdestotrotz scheint es eine generelle Entwicklung zu geben, dass dieser Einrichtungstypus ohne hauptberufliches<br />

Personal insgesamt weniger wird. Die Hintergründe dafür müssten genauer untersucht werden (z. B.<br />

stärkere Angebotsorientierung, sinkende Attraktivität, höhere Ansprüche, die von kleinen, selbst organisierten<br />

Treffs nicht leicht erfüllt werden können), da dieser Einrichtungstyp ein zentrales Angebot der Jugendarbeitslandschaft<br />

darstellt. Ein Grund für den Einrichtungsrückgang könnte auch in der Bildung von Trägerverbünden<br />

liegen: Kleinere Einrichtungen – möglicherweise auch insbesondere jene ohne Personal – werden demzufolge<br />

als Teil von größeren Einrichtungen nicht mehr gesondert erfasst.<br />

80<br />

81<br />

In Hamburg hat sich zwischen 2010 und 2014 die Zahl der Einrichtungen in der KJH-Statistik von 353 auf 64 und in Schleswig-Holstein<br />

von 394 auf 233 verringert.<br />

Da der in der Statistik dokumentierte Rückgang bei den Einrichtungen ohne Personal vor allem auf die beiden Bundesländer Bayern und<br />

Nordrhein-Westfalen zurückgeht und es auch dort keine Hinweise auf eine flächendeckende Schließungswelle gibt, lässt dies zumindest<br />

teilweise auf Erfassungsprobleme schließen. Insbesondere bei den Einrichtungen ohne Personal besteht die generelle Schwierigkeit, diese für<br />

die Beantwortung des Erhebungsbogens überhaupt ausfindig zu machen, da sie weniger in die Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe eingebunden<br />

sind als Einrichtungen mit Personalausstattung.

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