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Kinderund

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 343 – Drucksache 18/11050<br />

Interessengebieten, die Förderung eines sozialen Lernens, von interkultureller Kompetenz sowie partizipativen<br />

Elementen in der Gestaltung des Schullebens als Feld des Demokratielernens aus (vgl. auch Kielblock/Stecher<br />

2014).<br />

Jenseits der organisationsbezogenen Kriterien von Ganztagsschulen haben Rauschenbach u. a. (2012) eine Typisierung<br />

von Ganztagsschulen entlang der Ausprägung der Qualitätsmerkmale „Angebotsvielfalt“, „Kooperationsausmaß“,<br />

„rhythmisierte Zeitstruktur“ sowie „Zielvorstellungen“ vorgenommen (vgl. Bertelsmann Stiftung<br />

2012). Auch wenn sich die Unterschiede zwischen den Typen statistisch nur als geringfügig darstellen, rückt<br />

diese Systematik dennoch die relevanten Entwicklungsthemen der Ganztagsschulen in den Mittelpunkt. Wenn<br />

Schulen ihre bisherige Praxis kaum verändern („herkömmliche Schule“), vor allem die Organisation von Angeboten<br />

betonen („Angebotsschulen“), eine kooperative, zielorientierte Ausgestaltung umsetzen („kooperative<br />

Schule“) oder eine veränderte Zeit- und Organisationsstruktur („rhythmisierte Schule“) realisieren (ebd.,<br />

S. 108ff.), dann lassen sich darin möglicherweise Eckpunkte einer Systematisierung erkennen.<br />

Diese verweisen darauf, dass neben der Unterscheidung von Ganztagsschulen mit freiwilliger und verpflichtender<br />

Teilnahme weitere Differenzierungen notwendig sind, etwa mit Blick auf die Frage nach der Organisation<br />

des Ganztagsbetriebs durch die Schule oder durch einen externen Träger (insgesamt haben ca. 30 Prozent der<br />

Ganztagsschulen einen externen Träger), nach der Gestaltung des Ganztagsbetriebs mit schulischem Personal<br />

oder der Zusammenarbeit mit außerschulischen Kooperationspartnern (ca. 87 Prozent der Ganztagsschulen arbeiten<br />

mit externen Kooperationspartnern) bzw. der Einbindung von Honorarkräften oder der zeitlichen Länge<br />

des täglichen Ganztagsangebots (bis 14.30 Uhr oder bis 18.00 Uhr).<br />

Auch inhaltliche Unterscheidungen zwischen einem ganztägig integrierten Schulmodell gegenüber der Aufrechterhaltung<br />

einer Trennung von Vormittagsunterricht und Nachmittagsangeboten, also der Rhythmisierung<br />

der Zeitstruktur als Alternative zur additiven Ergänzung des Unterrichts durch Hausaufgabenbetreuung und<br />

außerunterrichtliche Angebote (etwa 30 Prozent der Ganztagsschulen weisen zumindest Ansätze einer Rhythmisierung<br />

auf) lassen sich ebenso identifizieren wie Unterschiede in punkto inhaltlicher Zielsetzung, die z. B. mit<br />

der Organisation von Kinderbetreuung, verstärkter individueller Förderung oder einer besseren Umsetzung umfangreicher<br />

Unterrichtsvorhaben zum Ausdruck kommen.<br />

Die möglicherweise bedeutsamste Aussage der empirischen Typenbildung der DJI-Expertise für die Bertelsmann<br />

Stiftung war – jenseits der Frage nach der Abgrenzbarkeit der Typen –, dass sich fast 30 Prozent der<br />

Ganztagsschulen inhaltlich kaum von der klassischen Halbtagsschule unterscheiden. Als ein Fazit der empirischen<br />

Beobachtung der Ganztagsschulentwicklung kann somit festgehalten werden, dass sich eine bunte Vielfalt<br />

an Ganztagsschulformaten entwickelt hat und dass sich diese inhaltlich doch so deutlich voneinander unterscheiden,<br />

dass von „der“ Ganztagsschule kaum gesprochen werden kann (vgl. Rauschenbach 2015b).<br />

Zugleich ist die Ganztagsschulentwicklung an einer nennenswerten Zahl von Schulen nicht mit einer substanziellen<br />

Veränderung der Schulorganisation, der schulischen Abläufe oder einer gezielten Konzeptionsentwicklung<br />

einhergegangen. Infolgedessen stellt sich die Frage, inwieweit von solchen Ganztagsschulen tatsächlich<br />

etwas Anderes oder Neues gegenüber der herkömmlichen Schule erwartet werden kann. Mit anderen Worten:<br />

Es bleibt offen, inwiefern die Mittel zur schulischen Funktionserfüllung und -erweiterung und die gleichzeitige<br />

Berücksichtigung der Kernherausforderungen des Jugendalters (Qualifizierung, Selbstpositionierung, Verselbstständigung)<br />

dabei überhaupt konzeptionell in die so gestalteten Ganztagsschulen Eingang finden können.<br />

Zudem zeichnet sich eine vor allem nach Schulform durchaus unterschiedliche Ausrichtung der Ganztagsschulen<br />

ab. So konstatiert das StEG-Konsortium in seinem jüngsten Ganztagsschulmonitoring, dass sich die<br />

Ganztagsschulen im Grundschulbereich stark in Richtung eines Betreuungsangebots entwickeln, die Gymnasien<br />

das Projekt Ganztagsschule primär zur Umsetzung des achtjährigen Gymnasiums genutzt haben, während die<br />

anderen Schularten der Sekundarstufe I ein stärker unterstützendes und flankierendes Angebot aufbauen, um<br />

den Erhalt der Schule selbst (vor allem bei den Hauptschulen), aber auch die schulischen Abschlüsse und den<br />

Übergang in die Berufsausbildung zu sichern (StEG-Konsortium 2015, S. 7).<br />

Für die Sekundarstufe I lassen sich allein in der Anzahl der Ganztagsschulen und der Verteilung der Ganztagsschulformate<br />

markante Unterschiede herausstellen (vgl. Abb. 5‒4).

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