02.02.2017 Aufrufe

Kinderund

1811050

1811050

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Drucksache 18/11050 – 326 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode<br />

und Kontrolle zur Prävention und Partizipation gelenkt. Vorsicht scheint allerdings geboten, damit die Selbstkontrolle,<br />

die bislang die Eigenverantwortung der Unternehmen im Blick hatte, im Zuge einer gesamtgesellschaftlichen<br />

Verantwortungsverlagerung auf das Subjekt, zukünftig nicht nur noch den Nutzerinnen und Nutzern<br />

auferlegt wird. Neue Herausforderungen ergeben sich auch bei den Inhalten. Neben den entwicklungsbeeinträchtigenden<br />

und verstörenden Inhalten stehen heute stärker auch Inhalte im Fokus, die das soziale und demokratische<br />

Zusammenleben in seinen Grundfesten berühren; hier werden Schnittmengen zwischen der Medienpädagogik<br />

und der politischen Bildung deutlich. Aktuell fokussiert sich der Jugendmedienschutz vor allem<br />

auf die Information, Beratung und das Beschwerdemanagement, eine engere Verzahnung mit medienpädagogischen<br />

Konzepten – also ein „Schutz durch Befähigung“, durch den Jugendliche im Medienhandeln selbst gestärkt<br />

werden (Handlungsorientierte Medienpädagogik), vermisst man aktuell noch in der Diskussion.<br />

Insgesamt wird deutlich, dass der soziale und kulturelle Wandel durch die Mediatisierung und die damit veränderten<br />

Lebensbedingungen Jugendlicher einer stärkeren Berücksichtigung in der Jugendhilfe bedürfen. So umfasst<br />

die Jugendhilfe neben Schutz-, Unterstützungs- und Hilfeleistungen vor allem auch Sozialisations-, Lernund<br />

Bildungsaufgaben. Ziel ist es, mit Blick auf die Adressatinnen und Adressaten sowie der rechtlichen Rahmung,<br />

Jugendliche in ihrer Persönlichkeitsentwicklung bzw. individuellen und sozialen Entwicklung zu fördern.<br />

Im Zuge dessen gilt es, Benachteiligungen zu vermeiden und abzubauen, Eltern und Erziehungsberechtigte bei<br />

der Erziehung zu beraten und zu unterstützen und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl zu schützen, sodass<br />

ihnen insgesamt positive Lebensbedingungen und eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zur Verfügung<br />

stehen. Wenn Teilhabe heute auch notwendig digitale Teilhabe umfasst, dann beinhaltet erst der Abbau von<br />

Benachteiligungen die Förderung eines gleichberechtigten Zugangs aller Jugendlichen zu digitalen Medien und<br />

dem Internet. Unumstritten ist weiterhin, dass Medien Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung nehmen, dies<br />

bislang aber nur vereinzelt in den verschiedenen Arbeitsfeldern berücksichtigt und reflektiert wird. Deutlich<br />

wurde auch, dass Eltern im Umgang mit digitalen Medien oftmals strukturell überfordert sind (vgl. Abs. 4.4.1)<br />

und sich insbesondere bei sozial benachteiligten Familien medienerzieherischer Unterstützungsbedarf zeigt (vgl.<br />

Abs. 4.3.1). Bekannt ist weiterhin, dass Medien besondere Problemlagen mitbegründen und verstärken können<br />

(Cybermobbing, Intensivnutzung von Medien, usw.) und die Konvergenzkultur und Entgrenzung von Öffentlichkeit<br />

und Privatheit auch Gefahren evozieren, die Einfluss auf die Aufgabenfelder des erzieherischen <strong>Kinderund</strong><br />

Jugendschutzes nehmen und die eine Kenntnis teils auch weiterer gesetzlicher Bestimmungen erfordern<br />

(Datenschutz, Persönlichkeits- und Urheberrecht, vgl. auch Abs. 4.2, 4.3.4). Da das erklärte Ziel der Jugendhilfe<br />

zudem der Erhalt oder die Schaffung einer jugendfreundlichen Umwelt ist, gilt es zukünftig auch verstärkt die<br />

digital-vernetzte Infrastruktur in den Blick zu nehmen. Bezogen auf die inhaltliche und interaktive Ebene betrifft<br />

dies einerseits Fragen des Jugendmedienschutzes (vgl. Abs. 4.3.4). Darüber hinaus stellt sich andererseits<br />

die Frage, welche höchstpersönlichen Rechte gestärkt werden müssen und welche gesetzlichen Regelungen<br />

(auch auf internationaler Ebene) adäquat wären, damit Jugendliche auch in virtuellen Räumen positive Lebensbedingungen<br />

vorfinden und sich entsprechend ihres Alters und ihres Erfahrungsraums entfalten können (vgl.<br />

Abs. 4.3.4).<br />

Die Jugendhilfe ist somit insgesamt aufgefordert, sich den Herausforderungen, die mit der Digitalisierung und<br />

Technisierung der Alltagswelten (auch) Jugendlicher einhergehen, umfassend zu stellen und diese zukünftig<br />

systematischer in ihre Handlungsfelder zu integrieren (BMFSFJ 2013; Helbig 2014; Kutscher u. a. 2015). Für<br />

die Beratung zeichnen sich Reflexionsnotwendigkeiten auf der Ebene der Fachkräfte und der Angebotsstrukturen<br />

ab (Klein 2015). Insbesondere mit Blick auf Jugendliche mit formal niedriger Bildung wird die Relevanz<br />

professioneller Interventionen besonders dringlich. Bezogen auf das Berufsfeld selbst sind weiterhin auch die<br />

Einflüsse der digitalen Technologien auf Planungsprozesse, Dokumentation und Evaluation von Hilfen zu reflektieren<br />

(Kutscher u. a. 2015). Neu ausgelotet und in einem übergreifenden unterstützenden Netzwerk geregelt<br />

werden muss – angesichts der erweiterten Zugänge und unbegrenzten Möglichkeiten zu Information, Interaktion<br />

und Kommunikation sowie auch mit Blick auf die mögliche Überforderung von Eltern und pädagogisch professionell<br />

Tätigen – das Verhältnis von Befähigung, Schutz und Kontrolle. Hier rücken der Selbstschutz und damit<br />

eine frühzeitige und durchgängige Förderung von Medienkompetenz in den Vordergrund. Erforderlich ist im<br />

Zuge dessen auch eine grundlegende Aus- und fortwährende Weiterbildung der Fachkräfte im Bereich der Medienbildung<br />

und zielgruppensensible Angebotsformen in den unterschiedlichen Feldern der Jugendhilfe.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!