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Kinderund

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Drucksache 18/11050 – 240 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode<br />

Im europäischen Zusammenhang haben von den in den Jahren 2012 bzw. 2014 befragten 15- bis 29-Jährigen<br />

etwa zwölf Prozent an organisierten politischen Aktivitäten im lokalen Kontext teilgenommen, zehn Prozent<br />

haben an einer genehmigten Demonstration teilgenommen, fast 15 Prozent haben bestimmte Produkte boykottiert,<br />

fast ein Viertel der Befragten hat Petitionen unterzeichnet und ca. sieben Prozent tragen Sticker oder Patches<br />

mit politischen Aussagen an ihrer Kleidung (European Commission 2016, S. 250). Dabei ist der Anteil<br />

junger Menschen in der Bundesrepublik Deutschland, die diese Aktivitäten ausgeübt haben, z. T. noch deutlich<br />

höher (ebd.): hier haben bspw. 30 Prozent eine Petition unterzeichnet und 20 Prozent politisch konsumiert. Die<br />

Ergebnisse der Befragung des Eurobarometers zeigen gleichzeitig, wie stark das politische Protestverhalten<br />

junger Menschen historischen Konjunkturen unterliegt, wenn im Jahr 2010 knapp 20 Prozent der jungen Menschen<br />

in der Bundesrepublik über Demonstrationserfahrung verfügen, zwei Jahre später dagegen nur noch<br />

knapp zehn Prozent (European Commission 2016). Auch andere Studien weisen auf non-konventionelle Partizipationserfahrungen<br />

von Jugendlichen und jungen Erwachsenen hin. Auf der Grundlage von Daten der AID:A II-<br />

Studie zeigt sich etwa für das Jahr 2014 folgender Erfahrungszusammenhang der befragten 16- bis 17-Jährigen<br />

mit unkonventionellen Protestformen: 25 Prozent haben bereits an einer Unterschriftensammlung teilgenommen,<br />

15 Prozent haben aus politischen, ethischen oder Umweltgründen Waren boykottiert oder gekauft,<br />

15 Prozent haben sich an einer Online-Protestaktion und 9 Prozent an einer Demonstration beteiligt und<br />

7 Prozent haben im Internet aktiv an politischen Diskussionen teilgenommen. 41 Nach Daten der Shell-<br />

Jugendstudie aus dem Jahr 2015 haben 34 Prozent der Zwölf- bis 25-Jährigen Waren boykottiert, 28 Prozent<br />

haben Petitionen und 26 Prozent Unterschriftensammlungen unterzeichnet, 23 Prozent an Demonstrationen<br />

teilgenommen und 14 Prozent sind über das Internet Aktionsaufrufen gefolgt (Schneekloth 2015, S. 198).<br />

Online-Partizipation für alle?<br />

Insbesondere das Internet wird in den letzten Jahren verstärkt als jugendgemäßeres Medium politischen Engagements<br />

diskutiert, da es dem Trend entgegenkommt, politisches Engagement eher individualisiert und an<br />

(wechselnden) Interessen orientiert zu verfolgen (vgl. Spaiser 2011; Sass 2015). Die wenigen Studien, die es<br />

aktuell zu diesem Themenfeld gibt, zeigen, dass internetbezogene Praktiken aktiven politischen Handelns, wie<br />

E-Petitionen, Protestmailaktionen, Online-Diskussionen oder Blog- und Videoproduktionen mit politischem<br />

Bezug durchaus Aktivitätsformen darstellen, die von Jugendlichen genutzt werden. Wenngleich verlässliche<br />

Nutzungsdaten noch ausstehen, wird deutlich, dass eine solche aktive Partizipation über das Internet, je nach Art<br />

der Aktivität für bis zu einem Viertel der Jugendlichen eine Rolle spielt und im Zusammenhang mit den Faktoren<br />

Geschlecht, Alter und Bildungshintergrund steht. Dabei sind es eher die älteren männlichen Jugendlichen<br />

aus höheren Bildungsmilieus, die sich hier einbringen (vgl. Spaiser 2011; Wagner/Gebel 2014). Die Differenzen,<br />

die bereits offline im Hinblick auf politische Partizipation und Engagement bestehen zeigen sich damit<br />

auch online, sodass hier ähnliche Gruppen von Jugendlichen die digitalen Medien stärker aktiv zu Partizipationszwecken<br />

nutzen.<br />

Neben dieser Vielfalt von aktiven Partizipationsformen wird das Internet von den meisten Jugendlichen in Bezug<br />

auf politische Inhalte und Aktionen eher rezeptiv als Quelle für Informationen genutzt (zusf. Wagner u. a.<br />

2015). Insbesondere bei Jugendlichen aus unteren Bildungs- und Sozialmilieus verweisen Calmbach und<br />

Borgstedt (2012, S. 63) auf ein Informationsverhalten, das stärker von Passivität geprägt ist, indem diese Jugendlichen<br />

vor allem über unterschiedliche Medien präsentierte Informationen konsumieren und weniger aktiv<br />

danach suchen. Eine Sonderstellung nehmen im Hinblick auf politische Information und Partizipation von Jugendlichen<br />

die sozialen Netzwerke ein, die unterschiedliche Arten von Aktivitäts- und Informationskanälen, wie<br />

Informationsseiten, Chats, Foren etc. integrieren (Wettstein 2012). Passives Konsumieren ist hier ebenso möglich<br />

wie niedrigschwelliges Agieren, indem über Informationen im eigenen Profil, Eigenbeiträge in Form von<br />

kurzen Mitteilungen, das Teilen von Bildern, Videos oder Links sowie über das Liken anderer Beiträge aktiv<br />

Selbstpositionierungen vorgenommen werden, die sich auf politische Themen beziehen können oder sich kritisch<br />

mit den lebensweltbezogenen Erfahrungen im sozialen Nahraum auseinandersetzen (vgl. Wagner/Gebel<br />

2014; vgl. ausführlich Abs. 4.1).<br />

41<br />

Quelle: AID:A – DJI-Survey 2014 (gewichtet); eigene Berechnungen.

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