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Kinderund

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Drucksache 18/11050 – 404 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode<br />

naler Vollerhebungen – wobei man von Beginn an mit dem Problem der Sortierung bzw. der heterogenen Bezeichnungen<br />

zu kämpfen hätte. Um dies wiederum an einem Beispiel deutlich zu machen: Handelt es sich bei<br />

Jugendhäusern, Jugendclubs, Jugendzentren Jugendtreffs, Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendarbeit,<br />

Jugendfreizeitstätten, Jugendfreizeitheimen – um nur ein paar Bezeichnungen zu zitieren – um Angebote des<br />

gleichen Typs oder bedarf es weiterer Unterscheidungen?<br />

Weil es derartige Erhebungen nicht gibt und man angesichts von Fragen, wie der zuletzt genannten, lange diskutieren<br />

kann, erscheint die Landschaft der Kinder- und Jugendarbeit für Außenstehende unübersichtlich, nicht<br />

selten als verwirrend, gelegentlich auch als diffus und konturlos. Im Vergleich zur Kindertagesbetreuung oder<br />

zur Schule offenbart die Kinder- und Jugendarbeit „eine unsortierte und unüberschaubare Vielfalt an Formen<br />

und Facetten (…), die es schwieriger macht, diese zu fassen, sich rasch darüber zu verständigen, was mit Kinder-<br />

und Jugendarbeit gemeint ist“ (Rauschenbach 2009b, S. 186).<br />

Diese „unsortierte“ Vielfalt ist zunächst Ausdruck der vom Gesetz auch im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit<br />

geforderten „Vielfalt von Trägern unterschiedlicher Wertorientierungen und (der) Vielfalt von Inhalten,<br />

Methoden und Arbeitsformen“ (§ 3, Abs. 1, SGB VIII). Sie ist aber zugleich auch Ausdruck und Antwort auf<br />

die zuvor beschriebenen Spannungsfelder und vor allem Antwort auf die Heterogenisierung der Lebenswelten<br />

junger Menschen. In diesem Sinne spiegelt die Vielfalt der Strukturen und Angebote der Kinder- und Jugendarbeit<br />

auch die Unterschiedlichkeit und die zunehmende Diversität in den Lebenslagen Jugendlicher wider – wobei<br />

zugleich festzuhalten ist, dass, wie im vorangehenden Abschnitt bereits angedeutet (vgl. Abs. 6.5.1), die<br />

damit verbundenen Dilemmata keineswegs als gelöst betrachtet werden können, sodass mit weiterer Steigerung<br />

der Vielfalt zu rechnen ist (vgl. hierzu auch Abs. 6.6.1).<br />

Gleichsam als Antwort auf die wachsende Heterogenität der Lebenslagen und Interessen junger Menschen, aber<br />

auch im Sinne verstärkter fachlicher Spezialisierung auf bestimmte Adressatinnen- und Adressatengruppen sind<br />

neben den „klassischen“ Formen der Kinder- und Jugendarbeit zahlreiche weitere offene Formen und Angebote<br />

mit zum Teil fließenden Übergängen entstanden: so z. B. im Rahmen von selbst organisierten Initiativen, Aktivitäten<br />

und Projekten, etwa an der Schwelle zwischen Jugend- und Kulturpädagogik oder im offenen sportlichen<br />

Bereich auf der Straße, aber auch in der Zusammenarbeit mit Schulen. Sie haben das Profil der Kinder- und<br />

Jugendarbeit bereichert und sind zumeist auch Ausdruck der Entwicklung neuer pädagogischer Handlungsansätze<br />

mit bestimmten Zielgruppen: geschlechtsspezifische pädagogische Angebote, Ansätze/Projekte zu interkultureller<br />

Kinder- und Jugendarbeit, die Auseinandersetzung mit beruflichen Perspektiven, Medienarbeit, erlebnis-<br />

und abenteuerspezifische Ansätze, neue Beteiligungsformate, aber auch Ansätze der Beratung und Unterstützung<br />

bei Alltagskonflikten. Sie werden ergänzt durch Angebote der Beratung im Kontext von familiären<br />

Konflikten und Auseinandersetzung mit der Schule und partizipativen Formen der Beteiligung auch an lokalen<br />

Prozessen der Stadtteilgestaltung (umfassend dargestellt für die offene Kinder- und Jugendarbeit vor allem in<br />

Deinet/Sturzenhecker 2013). Angesichts der auf diese Weise entstandenen zahlreichen Mischformen ist vielerorts<br />

eine eindeutige Trennung zwischen verbandlicher, offener und kultureller Kinder- und Jugendarbeit kaum<br />

noch möglich.<br />

So ist heute z. B. in vielen Fällen kaum (mehr) möglich, eindeutig auszumachen, wo die Grenzen zwischen den<br />

spezifischen Inhalten und der Ausrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit zu den allgemeinen vereinsbezogenen<br />

oder themenspezifischen Angeboten liegen (Rauschenbach 2010, S. 19), was den Unterschied zwischen<br />

öffentlichen Musikveranstaltungen und Events zur Kinder- und Jugendarbeit ausmacht, wie hoch etwa der Anteil<br />

jugendpädagogischer Arbeit gegenüber beispielsweise den sportlichen oder religiösen Ansätzen ist, was<br />

freizeitbezogene Aktivitäten sind und wo in diesen Angeboten das eigentliche Profil der Kinder- und Jugendarbeit<br />

steckt (vgl. Rauschenbach 2009b, S 186).<br />

Ein anderes Beispiel sind Kinder- und Jugendverbände, die ihr Angebot ergänzen, indem sie z. T. selbst Träger<br />

von offenen Einrichtungen sind bzw. werden und beide Angebotsformen auch strukturell miteinander verbinden.<br />

Eine Folge davon ist, dass neben der klassischen Form der Mitgliedschaft vielfältige andere Formen des<br />

Engagements und der Inanspruchnahme der verbandlichen Angebote zu beobachten sind und dass der Mehrzahl<br />

der Verbände das Prinzip der Mitgliedschaft als die Voraussetzung zur Teilnahme an Bedeutung verliert (vgl.<br />

auch Voigts 2013a/b), während sie bei einigen Verbänden nach wie vor eher die Regel darstellt (z. B. den<br />

Sportvereine, die DLRG-Jugend oder der Jugendfeuerwehr, bei den Pfadfinderinnen und Pfadfindern, der Jugend<br />

des Deutschen Alpenvereins, Gewerkschaftsjugend, SJD – die Falken).<br />

Diese Tendenzen sind auch Ausdruck einer immerwährenden Suche nach attraktiven Angeboten für die Zielgruppen.<br />

Generell sind in bestimmten Bereichen der Kinder- und Jugendarbeit mehr und mehr Mischformen in

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