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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 41 – Drucksache 18/11050<br />

Vorwort des Vorsitzenden<br />

„Zwischen Freiräumen, Familie, Ganztagsschule und virtuellen Welten – Persönlichkeitsentwicklung und Bildungsanspruch<br />

im Jugendalter“, so lautet der mehrdimensionale Titel des aktuellen Kinder- und Jugendberichts.<br />

Zu diesem Thema hat die Bundesregierung im Oktober 2014 beschlossen, den 15. Kinder- und Jugendbericht<br />

ausarbeiten zu lassen. Dementsprechend hat die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend,<br />

Manuela Schwesig, am 28. Oktober 2014 eine Kommission von zwölf Sachverständigen beauftragt, bis zum<br />

Sommer 2016 hierzu einen Bericht vorzulegen.<br />

Im Berichtsauftrag wird die Themenstellung u. a. wie folgt konkretisiert: „Die Bundesregierung will die Rahmenbedingungen<br />

für das Aufwachsen der nachfolgenden Generation und die Leistungsfähigkeit der Kinder- und<br />

Jugendhilfe verbessern. Dazu benötigt sie aussagekräftige Analysen zur Lage junger Menschen und fundierte<br />

Vorschläge für die Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe.“ „Der Bericht soll altersspezifische Entwicklungsherausforderungen<br />

und -potenziale in der an die Grundschulzeit anschließenden Lebensphase herausarbeiten.“<br />

„Der Bericht soll durch Empfehlungen und Impulse dazu beitragen, die Teilhabe und gesellschaftliche<br />

Integration junger Menschen zu fördern.“ „Die Berichtskommission wird ferner gebeten, in ihrer Arbeit die<br />

Auswirkungen des demografischen Wandels und die sozialverträgliche Gestaltung der gesellschaftlichen Entwicklung<br />

bei möglichen Belastungen künftiger Generationen zu berücksichtigen…, ebenso die regionalen Unterschiede<br />

der Lebenslagen junger Menschen.“<br />

Dem Auftrag zufolge soll der Bericht „die Bedeutung der Lebensphase Jugend in den Fokus stellen“. Damit ist<br />

der vorliegende 15. Kinder- und Jugendbericht ein sogenannter „thematischer“ Bericht, nachdem der 14. Kinder-<br />

und Jugendbericht – wie jeder dritte Bericht – ein Gesamtbericht war. Der Bericht soll sich also auf das<br />

Jugendalter konzentrieren und die Phase der Kindheit ausdrücklich ausklammern. Schon diese Akzentsetzung<br />

ist ungewöhnlich. Nachdem die Kinder- und Jugendberichte gemäß § 84 SGB VIII bis Mitte der 90er Jahre nur<br />

die Jugend im Titel und auch implizit im Fokus hatten, wurde die Berichterstattung ab dem zehnten Bericht vor<br />

knapp 20 Jahren gezielt auf das Kindesalter ausgeweitet. Der ausdrückliche Fokus auf das Jugendalter, wie sie<br />

für diesen Bericht von der Bundesregierung beschlossen wurde, fällt deshalb sofort als Besonderheit auf: Erstmalig<br />

steht die Jugend explizit im Mittelpunkt der Berichterstattung.<br />

Dieser Umstand ist ein Indiz dafür, dass die Selbstverständlichkeit verloren gegangen ist, mit der im letzten<br />

Jahrhundert noch über die Jugend oder das Jugendalter gesprochen worden ist; zumindest bedarf es einer neuen<br />

Vergewisserung. Nicht ganz überraschend ist es daher, dass Jugend auch im politischen Raum zuletzt vermehrt<br />

als eine Leerstelle zu verbuchen war; eine spezifische Politik des Jugendalters war lange Zeit nicht auszumachen.<br />

Zu unklar geworden sind die Konturen des Jugendalters, zu unscharf die Besonderheiten einer gemeinsamen<br />

Generationenlage, zu undeutlich die damit verbundenen politischen Herausforderungen. Stattdessen wurde<br />

aus dem Jugendalter eine Übergangsphase zwischen Kindheit und Erwachsenenalter, wurde aus der Jugend ein<br />

individualisiertes Gestaltungs- und Bewältigungsprojekt jedes und jeder einzelnen Jugendlichen.<br />

Zugleich ist die Aufmerksamkeit für die Belange des Jugendalters auch aus der Öffentlichkeit verschwunden.<br />

Jugend stößt auf kein allgemeines Interesse mehr, Jugend ist kein eigenes, attraktives Thema mehr. Regelmäßig<br />

erscheinende Jugendstudien lösen noch am ehesten in den einschlägigen Unternehmensbranchen Neugier aus,<br />

die sich auf die Jugend als Konsumenten beziehen und keinen neuen Jugendtrend verpassen wollen.<br />

Im Anschluss an eine Hochphase von Jugend, Jugendpolitik und Jugendforschung, welche bis in die 80er Jahre<br />

des vergangenen Jahrhunderts anhielt und durch geburtenstarke Altersjahrgänge ebenso geprägt war wie durch<br />

exponierte neue Jugendkulturen und soziale Bewegungen, hat die Jugend an gesellschaftlicher Anziehungskraft<br />

und politischer Bedeutung verloren. Mehr noch: Im Zuge der neu entstandenen Aufmerksamkeit gegenüber der<br />

Kindheit und insbesondere der frühen Kindheit – sowie einem demografisch bedingten Anstieg des Interesses<br />

an den über 60-Jährigen – rückte sie eher an den Rand des öffentlichen Interesses. Es bedurfte und bedarf daher<br />

eigener, zusätzlicher Anstrengungen und gezielter politischer Aktivitäten – wie beispielsweise in jüngerer Zeit<br />

den Bemühungen um eine „eigenständige Jugendpolitik“ oder den Debatten zu einem „Jugendcheck“ –, um sich<br />

des Themas Jugend im öffentlichen und politischen Raum wieder neu zu bemächtigen.<br />

Dieser Herausforderung hat sich die Kommission gestellt. Im Horizont der vernachlässigten Inblicknahme der<br />

Jugend und der besonderen Belange des Jugendalters hat sie sich im Lichte der vorgegebenen thematischen<br />

Akzente vorgenommen, sich der Jugend zu Beginn des 21. Jahrhunderts neu zu vergewissern. Dieses Anliegen<br />

hat die Kommission in knapp zwei Jahren und alles in allem 18 Sitzungen umzusetzen versucht. In insgesamt

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