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Kinderund

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 353 – Drucksache 18/11050<br />

Erkennbar ist, dass die Bewertung der Ganztagsschule durch die Schülerinnen und Schüler erkennbar vom dort<br />

wahrgenommenen, subjektiven Wohlbefinden geleitet ist. Dies liegt in der Skala der möglichen Nennungen<br />

ganz vorne, was den aus der Schulforschung bekannten Schluss zulässt, dass ein positives Klima in der Schule<br />

ein wichtiger Grund für die Zufriedenheit ist.<br />

Für die Bewertung Jugendlicher kommt es aber auch darauf an, was die Ganztagsschule ihnen „bietet“, und ob<br />

sie für sich als Nutzerinnen und Nutzer Vorteile und Erfolge daraus ziehen können. So zeigen die Ergebnisse<br />

vorliegender Befragungen, dass das Beziehungsgeflecht in der Schule und die Angebotsqualität ebenso gewichtige<br />

Zufriedenheitsfaktoren sind wie auch die Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse, die Vielfalt und<br />

vor allem die altersspezifisch geeigneten Angebote. Folgt man StEG und anderen Erhebungen (vgl. StEG-<br />

Konsortium 2010; Börner u. a. 2014; Soremski 2013), so sind es positive Erfahrungen der Jugendlichen im<br />

Ganztagsangebot, die sie zufrieden machen. Das sind z. B. individuelle Erfolge im Lernverhalten (jedenfalls so<br />

die individuellen Einschätzungen), aber auch Gelegenheiten, sich im außerunterrichtlichen Bereich eigenständiger<br />

bewegen und an attraktiven Angeboten teilnehmen zu können.<br />

Anders als in der Halbtagsschule erwarten sie von der Ganztagsschule ein Mehr an Bewegungsspielraum für<br />

sich und ihre persönlichen Entwicklungs- und Entfaltungschancen. Dabei kommt es vor allem darauf an, „dass<br />

Angebote als motivierend und kognitiv herausfordernd erlebt werden und dass Partizipationsmöglichkeiten<br />

vorhanden sind“ (Börner u. a. 2014, S. 45). Auch spielt Partizipation eine ebenso wichtige Rolle wie das „Lehrer-Schüler-Verhältnis“,<br />

das Verhältnis zu den weiteren pädagogischen Fachkräften, die Möglichkeiten von frei<br />

gestaltbaren Räumen (im Sinne unbeaufsichtigter Orte) oder auch weitere Lernerfolge (vgl. auch Soremski<br />

2013). Deinet u. a. bilanzieren aus ihrer Befragung von Ganztagsschülerinnen und -schülern die Partizipationsmöglichkeiten<br />

in Ganztagsschulen eher kritisch und beschreiben eine Einschränkung des Handlungsraums von<br />

Kindern und Jugendlichen durch die ganztätige Institutionalisierung (Deinet u. a.2015).<br />

Jugendliche sind dabei in ihren Erwartungen kritischer als ihre Eltern, auch, weil sich die Erwartungen der Eltern<br />

von denen ihrer Kinder durchaus unterscheiden. Während Eltern eher sehr pragmatische Vorstellungen<br />

haben, die sie erfüllt sehen wollen, z. B. sichere Betreuung, Mittagessen, Hausaufgabenbetreuung u. ä. (wobei<br />

sich hier auch deutliche Unterschiede zwischen den sozialen Schichten zeigen, vgl. Börner u. a. 2014, S. 23),<br />

bewerten ihre Kinder diese Schulform nach eigenen Kriterien, die sie aus dem unmittelbaren Nutzen der Angebote<br />

ableiten. Sie erleben den Ganztag sehr viel direkter und schätzen eigenständig ein, ob eine ihrem Alter<br />

entsprechende Vielfalt der Angebote vorhanden ist und ob diese auch qualitativ zufriedenstellend sind und die<br />

Erwartungen erfüllen.<br />

5.3.4 Freiwilligkeit und Pflicht – ein widersprüchliches Verhältnis in der Ganztagsschule<br />

Wesentlich für die Einstellung zur Ganztagsschule ist offensichtlich auch, ob die Jugendlichen die Entscheidung<br />

für den Besuch einer Ganztagsschule selbst getroffen haben, also aus freien Stücken am Ganztag teilnehmen<br />

oder eher nicht. Jugendliche, die sich eigenständig für den Besuch einer Ganztagsschule entschieden haben, sind<br />

mit den Angeboten und den ihnen gegebenen Möglichkeiten offenbar auch eher zufrieden. Denn es kann auch<br />

bei den sogenannten „freien“ Zeiten davon ausgegangen werden, dass „bei den Älteren das Spannungsverhältnis<br />

von Freiwilligkeit und Pflicht ein Thema ist. So werden freiwillige AGs im Rahmen des Pflichtprogramms der<br />

Ganztagsschule nicht als Freizeit empfunden, die freiwillige AG im Anschluss an das Pflichtprogramm ‚Unterricht‘<br />

hingegen schon. Jugendlichen ist es wichtig, sich auch ohne erzieherische Kontrolle in der Schule bewegen<br />

zu dürfen“ (Arnoldt u. a. 2013, unter Bezug auf Kolbe u. a. 2006).<br />

„Fragt man Jugendliche selbst, so bestätigen sich die ersten empirischen Erkenntnisse: Wichtig ist die eigene<br />

Entscheidung über die Teilnahme, über die Angebotsinhalte und über die mehr oder weniger autonome Verwendung<br />

der schulischen (Frei-) Zeit. Gleichzeitig müssen aber auch die Ressourcen ausreichend sein, d. h. ein<br />

ausreichend vielfältiges Angebot mit ausreichenden Plätzen und angemessener Ausstattung“ (Arnoldt u. a.<br />

2013, S. 16).<br />

Dies spiegelt sich in der Ganztagsschule in vielfältigen Facetten wieder, indem sich Jugendliche positionieren<br />

und mitentscheiden wollen. Sie klagen allerdings darüber, dass sie sich offensichtlich nur wenig an der Gestaltung<br />

z. B. von Arbeitsgemeinschaften und Kursen beteiligen können.<br />

Der Drang nach mehr Beteiligung wird auch daran deutlich, dass Jugendliche mehr Möglichkeiten „kooperativer<br />

Lernformen“ einfordern (Börner u. a. 2014, S. 47). Zwar sehen sie sich bei der Auswahl von Themen durch-

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