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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 277 – Drucksache 18/11050<br />

positiv zu kommentieren. Darüber hinaus lassen sich Nutzerinnen und Nutzer in vielen Sozialen Netzwerken<br />

Fotos mit Schlagwörtern („taggen“) oder Links auszeichnen.<br />

Im Jahr 2014 lag die Anzahl an Online-Freundinnen und Freunden bei Jugendlichen im Durchschnitt bei 256<br />

(Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2014, S. 38). 43 Prozent der Zwölf- bis 29-Jährigen stehen<br />

durchschnittlich mit 100 bis 250 Personen in Kontakt. 95 Prozent der Kontakte kennen sich von Angesicht, nur<br />

knapp fünf Prozent sind Bekannte aus dem Internet (Klingler u. a. 2012, S. 437). Die online abgebildeten sozialen<br />

Netzwerke weisen somit eine hohe Übereinstimmung mit den Beziehungsstrukturen außerhalb des Internets<br />

auf, sie erreichen aber auch eine Größe, die weit über den Freundeskreis im engeren Sinne hinausgeht und auch<br />

Verwandte, ehemalige Schulkolleginnen und -kollegen, Party-Bekanntschaften usw. umfassen (Schmidt u. a.<br />

2009, S. 271). Im Hinblick auf die Zusammensetzung der Kontakte zeigt eine Online-Analyse von Freundschaftsmustern<br />

in Sozialen Netzwerken aus den USA, dass zwar US-amerikanische Jugendliche aller Ethnien<br />

online miteinander „befreundet“ sind, Postings und Kommentare auf den Profilen der meisten Jugendlichen aber<br />

von Angehörigen der eigenen Soziokultur stammen (Boyd 2014).<br />

Im Mittelpunkt der Sozialen Netzwerk- und insgesamt auch Social Web-Nutzung steht die Beziehungspflege,<br />

sie ist für Jugendliche das wichtigste Nutzungsmotiv (Ito u. a. 2009, S. 9, Schmidt u. a. 2009, S. 201ff.). Zu den<br />

häufigsten regelmäßigen Anwendungen in der Community zählen daher auch kommunikative Anwendungen:<br />

Das Verschicken von Nachrichten an andere, das Chatten innerhalb der Community und das Äußern von Gefallensbekundungen<br />

bzw. das Liken von Posts, Bildern oder Videos – diese Tätigkeiten werden von etwa zwei<br />

Drittel der Nutzerinnen und Nutzer mindestens mehrmals pro Woche ausgeübt (Feierabend u. a. 2014, S. 604).<br />

Dabei zeigt ein Vergleich zu den Vorjahren, dass vor allem jene kommunikativen Tätigkeiten deutlich häufiger<br />

ausgeübt werden, die auf eine schnelle Verbreitung und Reaktion hin zielen (Medienpädagogischer Forschungsverbund<br />

Südwest 2015, S. 32).<br />

Genutzt werden die Dienste zum einen für Absprachen zur Alltagsorganisation, besondere Bedeutung erlangen<br />

sie aber vor allem dadurch, dass die Kommunikationspartnerinnen und -partner darüber stetig in Kontakt sind<br />

und sich „verbunden“ fühlen (können). Die Qualität der mobilen Kommunikation erklärt sich dabei insgesamt<br />

nicht aus der Menge der übermittelten neuen Sachinformationen: „Vielmehr geht es wesentlich um die emphatische<br />

Kommunikation: um das Ausdrücken und Teilen von Gefühlen, das Bekräftigen von Zusammengehörigkeit<br />

und Nähe, die wechselseitige Anteilnahme am profanen Alltag der anderen, wenn man gerade nicht in physischer<br />

Nähe ist“ (Döring 2006, S. 12). Ziel ist die „emotionale Rückversicherung“ (Döring 2013, S. 469) und in<br />

Teilen auch die soziale Kontrolle. Die kommunikative Verbundenheit kann damit gleichermaßen zur emotionalen<br />

Stabilisierung von Personen und Beziehungen beitragen als auch die soziale Kontrolle befördern.<br />

4.2.1.1 Sozialer Druck durch permanente Erreichbarkeit<br />

Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass Jugendliche es als bereichernd empfinden, über Soziale Netzwerke<br />

Kontakte pflegen, aufrechterhalten, wiederbeleben oder auch neu knüpfen zu können. Informationsbedürfnisse<br />

entwickeln sich in dem aktuell bei Jugendlichen beliebtesten Sozialen Netzwerk vor allem gruppenbezogen und<br />

weniger themen- und bereichs- oder problemspezifisch. Jugendliche nutzen Social Web-Angebote, bzw. insbesondere<br />

die Profile und Pinnwände anderer, um sich über deren Ansichten und Vorlieben zu informieren, diese<br />

ggf. zu kommentieren oder um über Kontaktaufnahmen zu entscheiden (Hasebrink/Domeyer 2008, S. 273). In<br />

der Öffentlichkeit wird dieses scheinbar sorglose Vernetzungsverhalten von Jugendlichen durchaus kritisch<br />

diskutiert. Thematisiert wird zum Einen der soziale Druck, der für Jugendliche damit einhergeht, dass sie offenbar<br />

jederzeit erreichbar und stetig in Sorge sind, etwas zu verpassen. Jugendliche selbst nehmen dies teils ähnlich<br />

wahr. Die Shell-Studie (2015, S. 129) zeigt hier, dass es vor allem Jugendliche aus der „unteren Schicht“<br />

sind, die der Aussage zustimmen, dass man „bei den Sozialen Netzwerken immer dabei sein muss, da man sonst<br />

nicht mitbekommt, was die anderen machen“. Mehr als die Hälfte (51 %) stimmt dieser Aussage zu, bei den<br />

Jugendlichen aus der „oberen Schicht“ sind es im Vergleich dazu 31 Prozent.<br />

Es finden sich auch einige Hinweise dafür, dass Freundschaftsbeziehungen im Zuge der Mobilisierung der Gesellschaft<br />

auch immer mehr „zur Arbeit“ werden („Beziehungsmanagement“) und es eines verstärkten persönlichen<br />

Engagements bedarf, um der sozialen Exklusion zu entgehen (Trost 2013). Offenbar erleben es Jugendliche<br />

auch als anstrengend, permanent erreichbar zu sein und reagieren zu müssen. Sie thematisieren z. B. im<br />

Rahmen einer qualitativen Studie, in der der Fokus vor allem auf die mobile Smartphone-Nutzung gerichtet war,<br />

dass es ihnen teils schwer fällt, sich länger am Stück auf etwas zu konzentrieren und sie ihr Smartphone aus

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