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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 309 – Drucksache 18/11050<br />

die erst durch jahrelange Einzelrechtsprechung auf verschiedene Dienste, Geschäftsmodelle und Datentypen<br />

konkretisiert werden müssen. Roßnagel und Richter werten dies als „klaren Rückschlag für die Rechtssicherheit<br />

bezüglich des Datenschutzes bei der Nutzung von Internetdiensten für alle Nutzer inklusiver Kinder und Jugendlicher“<br />

(Roßnagel/Richter 2017, S. 47). Hier braucht es zukünftig ein stärkeres politisches und internationales<br />

Engagement für die Rechte von Kindern und Jugendlichen.<br />

4.3.5 Glaubwürdigkeit und Qualität von Quellen<br />

Herausforderungen digitaler Kommunikation zeigen sich für die Jugendlichen auch unter den Aspekten von<br />

Glaubwürdigkeit und Qualität. Der Begriff der Glaubwürdigkeit verweist zuallererst auf den bereits diskutierten<br />

„paradoxen Authentizitätszwang“, dem Jugendliche unterliegen, wenn sie interagieren und Beziehungen knüpfen/pflegen.<br />

Eine glaubwürdige Kommunikation ist immer auch an „Authentizitätsgesten“ geknüpft, mit denen<br />

gleichzeitig aber auch Datenprofile angereichert werden. Damit ergibt sich für Jugendliche ein Dilemma: Wenn<br />

sie glaubwürdig bzw. authentisch sein wollen – und dies ist aus ihrer Sicht Grundlage für eine gelingende Interaktion<br />

und Beziehungspflege und wird von ihnen auch als prinzipiell positive Werthaltung beschrieben (Wagner/Brüggen<br />

2013, S. 157) – müssen sie persönliche Angaben machen. Gleichzeitig wissen sie, dass die im Internet<br />

angegebenen Daten auch von anderen genutzt werden (Shell Deutschland Holding 2015, S. 130) und<br />

vertrauen den Unternehmen nicht (ebd., S. 135). Zukünftig wird daher nicht nur die Förderung innovativer medienpädagogischer<br />

Konzepte benötigt, die auch den Schutz der Daten anderer im Blick haben. In der Verantwortung<br />

sind vielmehr auch die Politik und Unternehmen, die durch entsprechende (international abgestimmte)<br />

Gesetzesregelungen Jugend und damit auch ein (daten)sicheres Aufwachsen für alle Jugendlichen ermöglichen<br />

können (vgl. Abs. 4.3.4). Grundsätzlich bedarf es hier auch noch weiterer Forschung zum Umgang Jugendlicher<br />

mit eigenen und fremden Daten und den entwickelten Problemlösungs- und Bewältigungsstrategien in einem<br />

datengestützten Leben.<br />

Eine weitere Herausforderung im Hinblick auf das Thema Glaubwürdigkeit zeigt sich beim Umgang mit Informationen<br />

Dritter. Jugendliche werden in den derzeitigen Medienumgebungen mit verschiedenen Sichtweisen<br />

und kontroversen Darstellungen zu unterschiedlichsten Themen konfrontiert, die Bewertung der Seriosität von<br />

Informationsquellen und deren Vertrauenswürdigkeit ist dabei mit einem zunehmenden Aufwand verknüpft. Die<br />

Schule leistet hier nur wenig Unterstützung (vgl. Abs. 4.4.2 sowie Kap. 5). Differenziert nach Medientypen<br />

zeigt sich im Hinblick auf das Vertrauen Jugendlicher ein relativ konstantes Bild: So geht eine häufige Nutzung<br />

eines bestimmten Mediums nicht zwingend mit einer hohen Glaubwürdigkeit einher und umgekehrt; auch vertrauen<br />

Jugendliche den Informationen in der Tageszeitung und im Fernsehen bei einer widersprüchlichen Berichterstattung<br />

weiterhin mehr als denen im Internet (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2014,<br />

S. 14f.). Um Widersprüche in der Berichterstattung feststellen zu können, müssen Jugendliche allerdings ein<br />

intensives Informationsverhalten praktizieren. Wie bereits dargestellt (vgl. Abs. 4.3.1), zeigen sich hier insbesondere<br />

im Hinblick auf den Faktor Bildung Unterschiede, sodass hinsichtlich der Möglichkeiten, sich umfassend<br />

zu informieren, soziale Ungleichheiten reproduziert werden.<br />

Letztlich steigt mit dem Angebot an Medieninformationen und Quellen auch die Herausforderung an die Selektion:<br />

Welchen Quellen kann vertraut werden und aufgrund welcher Angaben? Hier steht dann weniger die Frage<br />

der Glaubwürdigkeit als vielmehr die Frage nach der Qualität der Quellen im Vordergrund. Anknüpfend daran<br />

wäre zu fragen, wie sich die immer begrenzteren Zeitressourcen bei gleichzeitig zunehmend zeitaufwändigeren<br />

Recherchen auf die Feststellung von Glaubwürdigkeit auswirken. Diese Frage ist für die Gesellschaft insgesamt<br />

relevant (vgl. Kap. 1).<br />

In Bereichen, in denen Jugendliche selbst als Content-Lieferanten auftreten (vgl. Abs. 4.2), stellt sich aktuell vor<br />

allem die Frage nach dem Urheberschutz. Das aus analogen Zeiten stammende und nur teilweise modernisierte<br />

Urheberrecht erweist sich als Hindernis für die kreative Entfaltung nicht nur Jugendlicher. Weder das Recht auf<br />

freie Benutzung (§ 24 UrhG) noch das Zitatrecht (§ 51 UrhG) oder sonstige Schranken erlauben eine vergleichbar<br />

breite und entwicklungsoffene Anwendung wie z. B. die in den USA geltende Fair-Use-Regel (17 US Code<br />

§ 107), sodass immer wieder auch die Forderung nach einer Übertragung des Regelungsansatzes auf die deutsche<br />

Konzeption erhoben wird (Metzger 2010). Alternativ wäre nach der Expertise von Glaser u. a. (2017) auch<br />

über eine Urheberschranke für die Jugendmedienarbeit nachzudenken, die dann allerdings einen „Freibrief“<br />

ausschließlich für die Nutzung im pädagogischen Kontext ausstellt.

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