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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 407 – Drucksache 18/11050<br />

im Bereich der evangelischen Landeskirchen Baden und Württemberg ergibt sich z. B., dass in 21 Prozent der<br />

Jugendgruppen, bei 28 Prozent der offenen Angebote und bei 36 Prozent der Freizeiten und Waldheime Kinder<br />

und Jugendliche mit Behinderungen teilnehmen (Ilg u. a. 2014, S. 105ff.). Auch wenn damit noch nicht beantwortet<br />

ist, wie viele Kinder und Jugendliche mit welchen Behinderungen teilnehmen, so indizieren diese Daten,<br />

wie auch die ergänzenden Bemerkungen der Befragten, dass das „Thema Inklusion in den Gemeinden angekommen<br />

ist“ (Ilg u. a. 2014, S. 109).<br />

Für den Bereich der Jugendzentren kommt eine bundesweite Erhebung des DJI zu dem Ergebnis, dass<br />

58 Prozent der Jugendzentren auch von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung besucht werden (vgl. Seckinger<br />

u. a. 2016a, S. 211). Werden dabei Kinder und Jugendliche mit einer Lernbehinderung nicht mit berücksichtigt,<br />

ergibt sich noch immer ein Anteil von 47 Prozent der Einrichtungen.<br />

Zu noch etwas höheren Werten im Bereich der Jugendfreizeitstätten, Jugendtreffs und der offenen Kinder- und<br />

Jugendarbeit kommt Meyer in seiner Befragung der Angebote in Baden-Württemberg. Danach geben<br />

73,0 Prozent der befragten Einrichtungen an, dass Kinder- und Jugendliche mit Behinderungen die Angebote<br />

nutzen würden (Meyer 2016, S. 60). Für den Bereich Kinder- und Jugendarbeit (Jugendverbandsarbeit/Jugendring)<br />

ermittelt die Expertise entsprechende 78,3 Prozent, für die mobile Jugendarbeit/Streetwork<br />

75 Prozent, für die offene Arbeit mit Kindern (Jugendfarmen, Aktivspielplätze) 81,4 Prozent, für die religiöse/kirchliche<br />

Jugendarbeit, kirchliche Gemeindejugendarbeit 78,4 Prozent (ebd.). In Bezug auf die örtlichen<br />

Untergliederungen der Verbände zeigte sich, dass fast die Hälfte dieser Einrichtungen/Organisationen (49 %)<br />

angibt, dass weniger als fünf Kinder und Jugendliche mit Behinderung an den Angeboten teilnehmen. „Weitere<br />

23 Prozent geben eine Anzahl zwischen fünf und neun Kindern/Jugendliche mit Behinderung an“ (Meyer 2016,<br />

S. 65). Fragt man nach der Art der – wie auch immer diagnostizierten – Behinderung bzw. Teilhabebeeinträchtigung,<br />

zeigt sich, dass bei diesen verbandlichen Angeboten Kinder und Jugendliche mit Lernbehinderungen die<br />

größte Gruppe darstellten, gefolgt von Kindern und Jugendlichen mit psychischen Erkrankungen bzw. geistiger<br />

Behinderung. An vierter Stelle folgten Kinder- und Jugendliche mit körperlichen Behinderungen und – erkennbar<br />

geringer – Sinnesbeeinträchtigungen (Meyer 2016, S. 66).<br />

Aufs Ganze gesehen indizieren auch diese (zum Teil erstaunlich) hohen Werte – auch wenn diese und andere<br />

(vgl. auch für den CVJM Zimmermann 2015; für die Altersgruppe der Kinder: Voigts 2015) verstreuten empirischen<br />

Hinweise noch kein repräsentatives Bild liefern können, dass sich Kinder- und Jugendarbeit in ihren verschiedenen<br />

Feldern der Aufgabe der Teilhabe junger Menschen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen an<br />

ihren Angeboten und den damit verbundenen Herausforderungen angenommen hat.<br />

Aus der DJI-Erhebung gibt es darüber hinaus Hinweise, welche Faktoren einen höheren Anteil an Jugendlichen<br />

mit Behinderung bedingen. So kommen insbesondere dann mehr Besucherinnen und Besucher mit einer Behinderung<br />

in die Einrichtung, wenn diese mit einer Behinderteneinrichtung kooperiert oder es in der Einrichtung<br />

eine speziell qualifizierte Fachkraft gibt. Das Personal trägt offensichtlich dazu bei, die Schwellen der Nutzung<br />

zu senken. Zugleich indizieren die Ergebnisse, dass spezialisiertes Personal auch zu mehr spezifischen, auf diese<br />

Gruppe ausgerichteten Angeboten führt (vgl. Seckinger u. a. 2016a, S. 220). Es entsteht also ein paradoxer Effekt,<br />

dass eine verstärkte Aufmerksamkeit z. B. durch spezialisiertes Personal, zwar die Angebote und die Aufmerksamkeit<br />

auf diese Gruppe und die Teilnahme dieser Gruppe von Kindern und Jugendlichen verbessert,<br />

zugleich aber noch nicht automatisch zu einer inklusiven offenen Kinder- und Jugendarbeit führt.<br />

Auf der konzeptionellen Ebene hat die Diskussion mittlerweile zu vielfältigen, fast nicht mehr überschaubaren<br />

Impulsen geführt. Wie andere Felder der Kinder- und Jugendhilfe auch trifft die Kinder- und Jugendarbeit auf<br />

eine Debatte um Inklusion, die mitunter von großer begrifflich-abstrakter und normativer Höhe herab geführt<br />

wird (vgl. Lüders 2014). Nichtsdestoweniger haben sehr schnell viele Bereiche der Kinder- und Jugendarbeit,<br />

wie z. B. die offene Arbeit, die Kinder- und Jugendverbände, medienpädagogische Verbände, Bereiche des<br />

Jugendreisens und viele Dachverbände, auf die Forderungen der UN-BRK reagiert – zum Teil in Kooperation<br />

mit Partnern aus der Behindertenhilfe und den Wohlfahrtsverbänden. Mittlerweile ist eine Vielzahl von Positionierungen,<br />

neuen Arbeitsmaterialien und Good-Practice-Sammlungen erarbeitet und eine Reihe von Fachtagungen<br />

durchgeführt worden. Als Beispiele seien die Projekte des „Innovationsfonds Kulturelle Bildung – Inklusion“<br />

der Bundesvereinigung kulturelle Jugendbildung 99 , das Projekt und als Ergebnis die Broschüre „Auftrag<br />

Inklusion – Perspektiven für eine neue Offenheit in der Kinder- und Jugendarbeit“ der Aktion Mensch, der Arbeitsgemeinschaft<br />

der Evangelischen Jugend in Deutschland (aej) und der Diakonie Deutschland (Aktion<br />

99<br />

Vgl. https://www.bkj.de/kulturelle-bildung-dossiers/kulturelle-vielfalt-und-inklusion/praxis-und-projekte.html [14.10.2016].

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