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Kinderund

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Drucksache 18/11050 – 410 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode<br />

Interessen der Kinder und Jugendlichen, d. h. zu einem sehr viel pluraleren, unbestimmteren Angebot, das tendenziell<br />

einer Kinder- und Jugendarbeit sehr viel ähnlicher wird.<br />

Damit werden die herkömmlichen Grenzen zwischen Schule und Kinder- und Jugendarbeit sehr viel fließender,<br />

sodass die Konturen einer Kinder- und Jugendarbeit als einer willkommenen Alternative, als einem Gegenprogramm<br />

zu einer auf Unterricht begrenzten Halbtagsschule, verschwimmen. Mehr noch: Bei einem gut gemachten<br />

außerunterrichtlichen Ganztagsschulangebot wird es für die Schulkinder, wie für ihre Eltern, auf den ersten<br />

Blick immer weniger klar und einsichtig, warum daneben die Kinder- und Jugendarbeit im Alltag der Kinder<br />

und Jugendlichen noch eine Bereicherung sein und einen zusätzlichen Platz haben soll, wenn sie nicht schon<br />

vorher entsprechende Erfahrungen gemacht haben.<br />

Die Ganztagsschule wird auf diese Weise, sehr viel weniger als die traditionelle Halbtagsschule, zu einem allein<br />

anstrengenden, weitgehend fremdbestimmten und vielleicht auch wenig geliebten Ort, von dem die Kinder und<br />

Jugendlichen am Nachmittag in die alternative Welt der Kinder- und Jugendarbeit entschwinden, in der sie<br />

weitaus mehr sie selbst sein können, in der sie sich nicht leistungsmäßig beweisen müssen, in der sie ihren Vorlieben<br />

in einem Kreis gleichgesinnter Gleichaltriger nachgehen können. Eine Ganztagsschule, die gezielt auch<br />

andere Themen, Angebote und Formen jenseits von Unterricht und Schulfächern in ihr Profil einbezieht, eignet<br />

sich für die Kinder- und Jugendarbeit immer weniger als ein willkommenes Gegenbeispiel zu einer adressatenorientierten<br />

Kinder- und Jugendarbeit, mit dem sie ihre eigene Attraktivität herausstellen konnte. Die <strong>Kinderund</strong><br />

Jugendarbeit steht durch die zeitliche und thematische Ausweitung der außerunterrichtlichen Nachmittagsangebote<br />

in Schule und Hort mithin in der Gefahr, eine gewisse Exklusivität einzubüßen, sodass sie sich hierzu<br />

neu positionieren muss.<br />

(c) Neben der zeitlichen Überlappung und den konzeptionellen Schnittmengen entsteht durch den Ausbau ganztägiger<br />

(Nachmittags-)Angebote im Kontext der Ganztagsschule für die Kinder- und Jugendarbeit aber noch<br />

eine weitere Ambivalenz: Durch die Möglichkeit, selbst als Anbieter von Angeboten des Ganztagsbetriebs aufzutreten,<br />

macht sich die Kinder- und Jugendarbeit in gewisser Weise selbst Konkurrenz – zwischen einer ganztagsschulischen<br />

und einer davon relativ unberührten, eigenständigen Kinder- und Jugendarbeit.<br />

Dabei wird die Kooperation mit der Ganztagsschule von den Trägern der Kinder- und Jugendarbeit auch als<br />

Chance zur Erreichung neuer Zielgruppen angesehen (vgl. Züchner 2007a; Voigts 2015). Auf diese Weise entstehen<br />

Formen und Angebote einer schulbezogenen Kinder- und Jugendarbeit neben der bisherigen Kinder- und<br />

Jugendarbeit außerhalb von Schule. Vor allem der Sport, aber auch die offene Kinder- und Jugendarbeit, die<br />

Jugendkulturarbeit und auch Teile der verbandlichen Kinder- und Jugendarbeit sind in unterschiedlichem Maße<br />

in der Ganztagsschule engagiert (vgl. Abs. 5.4), auch wenn sie in der Vielzahl der Kooperationspartner keine<br />

herausgehobene Rolle spielen. Die Jugendzentren sind der Bereich der Kinder- und Jugendarbeit, der dabei am<br />

häufigsten Angebote unterbreitet (vgl. Abb. 5‒8).<br />

Inhaltlich sind die Formen der Zusammenarbeit von Trägern der Kinder- und Jugendarbeit und Ganztagsschulen<br />

durchaus vielfältig. Grob lassen sich mindestens vier Formen unterscheiden:<br />

– In vielen Fällen beruht die Zusammenarbeit auf der Übernahme von Bildungs- und Freizeitangeboten jenseits<br />

von Schulfächern (Musik, Kunst, Sport, Technik, Medien), womit die Kinder- und Jugendarbeit dann<br />

insbesondere am erweiterten Bildungs- bzw. Freizeitangebot für die Ganztagsschülerinnen und -schüler<br />

mitwirkt (vgl. Züchner 2014, S. 185).<br />

– Darüber hinaus machen Träger der Kinder- und Jugendarbeit in Ganztagsschulen – aber auch an Halbtagsschulen<br />

– häufig auch projektförmige Angebote, etwa im Kontext von sozialem und personalem Lernen,<br />

von Berufsfindung oder auch politischer Bildung. Dies waren schon vor dem Ganztagsschulausbau<br />

Schwerpunkte von Kooperationen mit Schulen. Zu diesem Typus könnte man auch Ferienangebote sowie<br />

Präventions- und Beratungsangebote zählen, die die Träger der Kinder- und Jugendarbeit ebenfalls häufig<br />

in der Kooperation mit Schulen angeboten haben und weiterhin anbieten (ebd.)<br />

– Teilweise übernehmen Träger der Kinder- und Jugendarbeit auch Unterstützungsangebote des Lernens<br />

(zum Beispiel Hausaufgabenhilfe) oder die Gestaltung der Nachmittagsbetreuung – hier spielen insbesondere<br />

die Jugendzentren eine größere Rolle (s. u.).<br />

– Und in einzelnen Bundesländern übernehmen Träger der Kinder- und Jugendarbeit auch die Gesamtverantwortung<br />

und Organisation des Ganztagsbetriebs, also die Verantwortung für die Umsetzung und Durchführung<br />

des außerunterrichtlichen Teils der Ganztagsschule (und organisieren dabei Hausaufgabenhilfe,<br />

Nachmittagsbetreuung und -angebote, ohne diese zwingend selbst anzubieten). Dieses Trägermodell findet

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