02.02.2017 Aufrufe

Kinderund

1811050

1811050

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 479 – Drucksache 18/11050<br />

tionierungen Jugendlicher haben. Daher bedarf es einer besonderen Betrachtung und Gewichtung der politischen<br />

Bildung, die als eine Art Dreiklang verstanden und gestaltet werden muss: Wissen über politische und<br />

sozialhistorische Zusammenhänge, Erwerb von demokratischen Werten, Überzeugungen und Haltungen sowie<br />

konkreten politikrelevanten Erfahrungen durch eigene Verantwortungsübernahme.<br />

Die Ganztagsschule bietet hierfür – weil sie mehr Zeit zum Lernen und erweiterte Erfahrungsräume auch in<br />

Kooperation mit ihren Partnern eröffnet – neue Chancen und Möglichkeiten. So kann sie nicht nur eine Verbindung<br />

zwischen der unterrichtsbezogenen Aneignung von Wissen über Politik, ihren Abläufen, Strukturen und<br />

Wirkungsweisen einerseits und den handlungsorientierten Gestaltungsstrategien, z. B. das Einmischen in die<br />

Diskussionen um die Gestaltung eines Stadtteils, um Verkehrswegenetze etc. und auch über Beteiligungsformen<br />

an der Schule andererseits selbst herstellen. Es ist ihr auch möglich, gemeinsam mit Jugendlichen Formen der<br />

Mitbestimmung und Mitentscheidung zu erarbeiten, die auf eine beteiligungsorientierte Ganztagsschule ausgerichtet<br />

sind.<br />

Nur wenn Schülerinnen und Schüler verantwortlich an der Ausgestaltung des Ganztags einbezogen werden und<br />

ihre Vorstellungen über die Form und die inhaltliche Ausrichtung einbringen können, wird ihr Interesse an politischer<br />

Bildung wachsen. Sich zu positionieren im demokratischen Miteinander und gleichzeitig einen Wert in<br />

diesen Handlungsformen zu entdecken, sind entscheidende Lernprozesse. Im Austausch und auch im Streit um<br />

unterschiedliche Meinungen, Haltungen und Interessen steckt die Chance zur Entwicklung einer pluralistischen<br />

Wertorientierung und einer Befähigung im demokratischen Handeln, in einer Zeit, in der Fremdenfeindlichkeit,<br />

Demokratiefeindlichkeit und Rassismus sich offensichtlich auch unter Jugendlichen zu verbreiten drohen.<br />

‣ Kinder- und Jugendhilfe als verantwortliche Mitgestalterin der Ganztagsschule<br />

Bislang sind die Träger der Kinder- und Jugendhilfe keine zentralen Partner der Ganztagsschulen<br />

im Bereich der Sekundarstufe – schon gar nicht in ihrem schul- und bildungspolitischen Gesamtgefüge<br />

sowie in den daraus resultierenden Rahmenkonzepten für die (Um-)Gestaltung der Schulen.<br />

Dabei hat die Kinder- und Jugendhilfe – anders als andere Partner der Schule – ebenfalls einen<br />

expliziten gesetzlichen Auftrag zur Gestaltung förderlicher Bedingungen des Aufwachsens von<br />

jungen Menschen, der auch einen Gestaltungsauftrag der Rahmenbedingungen enthält. Allerdings<br />

fehlt es bislang an klaren normativen und gesetzlichen Vorgaben, wie Ganztagsschulen strukturiert<br />

und wie sie organisatorisch und inhaltlich konzipiert sein sollen.<br />

Bilanziert man die Entwicklung der Ganztagsschule in der Sekundarstufe, so wird deutlich, dass eine konzeptionelle<br />

Orientierung oftmals fehlt und älter werdende Jugendliche immer weniger von Ganztagsangeboten angesprochen<br />

werden. Die Kinder- und Jugendhilfe kann hier auf Erfahrungen verweisen, insbesondere hinsichtlich<br />

des Ziels, eine strukturelle Verbindung zwischen verschiedenen Bildungsakteuren im Raum der Ganztagsschule<br />

zu erreichen. So bestehen z. B. in der Kinder- und Jugendarbeit Erfahrungen und Strukturen der Beteiligung und<br />

Bedürfnisorientierung, die sie in die Gestaltung von Ganztagsschulen einbringen könnte.<br />

Allerdings müssten die Träger der Kinder- und Jugendhilfe dazu ihre Stärken präzisieren und konzeptionell<br />

weiterentwickeln, damit sie für eine Kooperation mit Ganztagsschulen und einer Verantwortungsübernahme im<br />

schulischen Raum attraktiv werden. Dies kann aber nur dann erfolgreich sein, wenn auch zentrale Prinzipien der<br />

Kinder- und Jugendhilfe als Bausteine der Ganztagsschule berücksichtigt werden. Dabei rühren die Potenziale<br />

der einzelnen Arbeitsbereiche der Kinder- und Jugendhilfe von ihren je spezifischen Bezügen zu Ganztagsschulen<br />

her: Die offene und die verbandliche Kinder- und Jugendarbeit etwa steht vor anderen Herausforderungen<br />

einer Profilbildung als die Hilfen zur Erziehung oder die Jugendsozialarbeit. Voraussetzung für eine Weiterentwicklung<br />

der Kooperation zwischen den Akteuren der Kinder- und Jugendhilfe und der Ganztagsschule ist, dass<br />

auch die Träger der Kinder- und Jugendhilfe die Gestaltung der Ganztagsschule als ein relevantes Aufgabenfeld<br />

wahrnehmen.<br />

Die Rahmenbedingungen für das Mitwirken der Kinder- und Jugendhilfe in den Ganztagsschulen der Sekundarstufe<br />

sind häufig unklar und werden eher als gegeben vorausgesetzt und wenig als eine Gestaltungsaufgabe<br />

betrachtet. Zudem haben sich bisher – nach einer ersten Euphorie – die Jugendämter nicht in dem Maße, wie<br />

erhofft und wie erforderlich, als eigene Akteure in den Prozess eingebracht. Das mag an den beschränkten personellen<br />

Ressourcen liegen. In kaum einem Jugendamt gibt es eine Organisationseinheit „Ganztagsschule und<br />

Kinder- und Jugendhilfe“, die entsprechend personell ausgestattet ist. Aber auch im Rahmen der Jugendhilfeplanung<br />

ist offensichtlich die Bereitschaft nicht sonderlich ausgeprägt, sich stärker in diesen Prozess einzubrin-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!