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Letzter Kampf um «Tiefland»<br />

Endlich konnte ich mit einer kreativen Arbeit beginnen. Ich beschloß,<br />

mir eine kleine Wohnung in den Bergen zu suchen, und<br />

entschied mich wieder für Kitzbühel. Oberhalb des Ortes fand ich<br />

im «Landhaus Kohl» genau das, was ich suchte: Zwei holzgetäfelte<br />

gemütliche Bauernstuben und eine kleine Küche, herrlich gelegen<br />

mit dem Blick über die ganze Gebirgskette. Unter mir lag das tief<br />

verschneite Tal. In nur zwanzig Minuten Fußweg war man im Ort.<br />

Es war Anfang Dezember, als ich dort mit meiner Arbeit beginnen<br />

wollte. Da wurde mein Friede wieder gestört.<br />

Eines Morgens erschien bei uns Otto Lantschner, einer meiner<br />

früheren Mitarbeiter. Ganz außer Atem kam er an. Der sonst so<br />

ruhige, eher phlegmatisch wirkende Otto versuchte offensichtlich,<br />

seine Erregung durch ein Lächeln zu verbergen. Ohne sich zu setzen,<br />

sagte er: «Leni, entschuldige mein frühes Erscheinen, aber es<br />

ist sehr wichtig. Uli hat mich aus Innsbruck angerufen (er meinte<br />

Uli Ritzer) und mich gebeten, dich sofort zu verständigen, daß du<br />

eine einmalige Gelegenheit hättest, die Vernichtung von ‹Tiefland›,<br />

die die Franzosen nun endgültig beschlossen haben, vielleicht gerade<br />

noch zu verhindern. Du müßtest versuchen, den Schnellzug nach<br />

Wien, in dem der österreichische Finanzminister Dr. Kamitz sitzt,<br />

noch zu erreichen.»<br />

«Was sagst du», rief ich erregt, «‹Tiefland› soll vernichtet werden<br />

— ein Wahnsinn — das ist unmöglich!»<br />

«Wußtest du das nicht?» Ich schüttelte den Kopf. «Deshalb hat<br />

Uli mich hierhergeschickt. Er rät dir, in den Zug, der in Kitzbühel<br />

drei Minuten Aufenthalt hat, einzusteigen.»<br />

«Und wann kommt der Zug an?» fragte ich entgeistert.<br />

«In fünfzehn Minuten.»<br />

«Das schaffe ich nie», rief ich aufgeregt.<br />

«Du solltest es versuchen. Eine solche Chance bekommst du nie<br />

wieder, den Minister so ruhig sprechen zu können wie in einem<br />

Eisenbahnabteil.»<br />

Ich riß die warmen Sachen aus dem Schrank und zog mich in<br />

hektischer Eile an. Beinahe hätte ich Ausweis und Geld vergessen.<br />

Dann rannte ich mit Otto, die Wege abkürzend, über die steilen,<br />

leicht verschneiten Wiesen hinunter. Von weitem sah ich den Zug<br />

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