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saß Ahmed Abu Bakr.<br />

Er war also kein Gefangener, er war frei, er war da. Wir umarmten<br />

uns und hatten Tränen in den Augen.<br />

«Ahmed», sagte ich nach einigen Augenblicken, «ich glaubte, ich<br />

müßte Sie im Gefängnis besuchen, und nun finde ich Sie hier. Welch<br />

ein Glück!»<br />

Abu Bakr, ein Sudanese, der eine für uns Europäer unglaubliche<br />

Ruhe ausstrahlte, war auch in den schwierigsten Situationen gefaßt<br />

und hörte sich in aller Ruhe die Erlebnisse meiner letzten abenteuerlichen<br />

Wochen an. Dann sagte er lächelnd: «Leni, you are a very<br />

brave girl.»<br />

Auf meine Frage, ob ich eine Chance hätte, noch einmal zu meinen<br />

Nuba zu fahren, sagte er, ich müsse Geduld haben und abwarten,<br />

wie sich alles entwickelt. Beglückt und hoffnungsvoll fuhr ich<br />

in das Haus meiner Freunde zurück. Zum ersten Mal fand ich Zeit,<br />

mich zu entspannen. Das herrliche Klima tat mir gut, um diese Zeit<br />

war es nicht heiß. Der strahlend blaue Himmel, der schöne Garten,<br />

die großzügige Gastfreundschaft, all das genoß ich in vollen Zügen.<br />

Die Idylle täuschte. Die Revolution war noch nicht beendet.<br />

Immer wieder gab es Straßenkämpfe und Tote. Im deutschen Club<br />

herrschte Unruhe, niemand wußte, was die Zukunft bringen würde.<br />

Die meisten Deutschen lebten schon seit vielen Jahren hier, arbeiteten<br />

in der Industrie, bauten Wasseranlagen oder waren bei den<br />

Wetterstationen am Flughafen beschäftigt. Ihren Familien ging es<br />

gut, und keine wollte gern Khartum verlassen. Sie hatten schöne<br />

Häuser und Gärten, die Arbeit begann früh um halb acht und war<br />

wegen zunehmender Hitze meist um zwei Uhr vorüber. Nach dem<br />

allgemein üblichen Nachmittagsschlaf besuchte man Freunde und<br />

genoß die sogenannte «Teestunde», an die jeder, der sie kennengelernt<br />

hat, gern zurückdenkt. Beim Dinner, unter klarem Sternenhimmel,<br />

wurden die Gärten mit farbigen Lampen erleuchtet, Bäume<br />

und Blumen angestrahlt. Ein Gefühl, als wäre die Welt noch ganz in<br />

Ordnung. Diese wunderbare Atmosphäre war es, die nicht nur Deutsche,<br />

sondern auch Fremde bewegte, immer wieder nach Afrika<br />

zurückzukehren.<br />

Endlich kam ein Lebenszeichen aus Port Sudan: Das Schiff war<br />

eingetroffen, meine Leute meldeten sich am Telefon. Die Strecke<br />

Port Sudan — Khartum beläuft sich auf etwa 900 Kilometer, sie<br />

ist schwierig und nur im Konvoi zu befahren. Um die Wagen zu<br />

schonen, wurden sie mit der Bahn verladen.<br />

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