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machte mich wieder bewußtlos.<br />

Als ich das zweite Mal die Augen aufmachte, befand ich mich in<br />

einem hellen, freundlichen Zimmer. Durch die großen Fenster sah<br />

ich einen blauen Himmel und weiße Kumuluswolken. Man hatte<br />

mir einen Schlauch in den Mund gesteckt und mich so gebettet, daß<br />

ich aufrecht saß. Mein Blick fiel auf Mr. Six.<br />

Wenn Gott mein himmlischer Retter war, so ohne Zweifel George<br />

Six mein irdischer. Trotz seiner eigenen Verletzungen und Schmerzen<br />

war er nicht von meinem Lager gewichen, bis ich endgültig<br />

außer Lebensgefahr war. Wie durch ein Wunder war mein Rückgrat<br />

unverletzt geblieben, auch das Herz, nur die Lunge war durch mehrere<br />

Rippenbrüche im rechten Brustkorb verletzt. Ich ahnte nicht,<br />

daß mein Wiedererwachen für die Ärzte eine Sensation war.<br />

Meine Gedanken, die langsam aus der Welt des Vergessens zurückkehrten,<br />

kreisten um ein einziges Problem: Wie konnte ich<br />

verhindern, daß meine Mutter etwas von dem Unfall erfuhr. Nur<br />

mit Mühe konnte ich Mr. Six den Text für ein Telegramm sagen:<br />

«Auf Motivsuche leider verunglückt, bin außer Gefahr, liege im<br />

European Hospital Nairobi, schreibe bald.»<br />

Nachdem Six gegangen war — er fuhr zu seiner eigenen Ausheilung<br />

auf seine Farm in Arusha, wo er von seiner Frau schon sehnsüchtig<br />

erwartet wurde —, begann für mich eine Zeit, an die ich<br />

mich nur mit Schaudern erinnere. Die englischen Krankenschwestern,<br />

denen ich anvertraut wurde, waren anscheinend herzlose Geschöpfe.<br />

Sie sahen zwar hübsch aus, aber, wenn man von ihrer<br />

Krankentracht absah, eher wie Mannequins, auffällig geschminkt<br />

und wie für einen Ballbesuch frisiert. Oft stellten sie mir Essen und<br />

Getränke so weit vom Bett entfernt, daß ich sie nicht erreichen<br />

konnte. Auch die Glocke war zu weit weg, ich konnte sie nicht<br />

fassen. Wenn ich den Schlauch aus dem Mund verlor und nicht<br />

läuten konnte, erlitt ich schreckliche Qualen.<br />

Nach ungefähr einer Woche besuchte mich ein deutscher Forstmann,<br />

der von meinem Unfall erfahren hatte. Er hieß Luedecke und<br />

besaß ein Waffengeschäft in Nairobi. Nachdem er sich meine Klagen<br />

angehört hatte, sagte er: «Ich muß Ihnen sagen, daß diese unglaublichen<br />

Zustände im Hospital ganz normal sind — hier darf<br />

man nicht krank werden.»<br />

Die gebrochenen Rippen verheilten schnell, aber der Arzt erklärte:<br />

«Ihre Lunge fällt zusammen — sie ist von den Rippenknochen<br />

verletzt worden. Ihr Zustand erlaubt keinen Flug nach Deutsch-<br />

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