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wie lange ich wegbleiben würde — ich wußte nur, daß ich bei<br />

meiner Mutter bleiben würde, solange sie sich in Gefahr befand.<br />

Im Morgengrauen verließ ich Tadoro. Meine Begleiter brachten<br />

mich nach Kadugli. Es war der 18. Januar 1965, ein Tag, den ich nie<br />

vergessen werde. Als wir vor dem Postamt hielten, wurde mir ein<br />

Telegramm ausgehändigt. Ich las: «Mutter heute nacht verstorben,<br />

abwarte Brief. Uli.»<br />

Ich brach zusammen. Ein Leben ohne meine Mutter konnte ich<br />

mir nicht vorstellen. Vier Tage hatte das Telegramm auf dem Postamt<br />

gelegen. Sie starb schon am 14. Januar. Wie furchtbar, daß ich<br />

in ihren letzten Stunden nicht bei ihr sein konnte. Ich mußte sie<br />

noch einmal sehen, auch, wenn sie nicht mehr am Leben war.<br />

Erst nach vier Tagen traf ich in München ein. Uli holte mich am<br />

Flughafen ab. Zwei Tage zu spät — meine Mutter war schon<br />

beerdigt. Freunde hatten alles getan, sie bis zum letzten Atemzug<br />

mit Liebe zu umgeben. Dieses Erlebnis hatte eine tiefgreifende Wirkung<br />

auf mein ganzes weiteres Leben. Die einzige Möglichkeit,<br />

dem Schmerz zu entrinnen, sah ich darin, so schnell als möglich<br />

nach den Nuba-Bergen zurückzukehren, meine Pflicht zu erfüllen<br />

und den Film zu retten, wenn möglich, einen Kameramann mitzunehmen,<br />

da der sudanesische nur kurze Zeit hätte arbeiten können.<br />

Zufällig war Gerhard Fromm, ein junger Kamera-Assistent, frei,<br />

den mir Heinz Hölscher empfohlen hatte. Mit Hilfe Abu Bakrs<br />

konnte er ohne Visa in Khartum einreisen.<br />

Schon nach einer Woche stand ich mit ihm auf dem Bahnsteig der<br />

kleinen Eisenbahnstation Semeih. Es war schwierig, hierherzukommen.<br />

In Khartum konnten wir kein Fahrzeug finden, das uns bis in<br />

die Nuba-Berge gebracht hätte, also nahmen wir den Bummelzug.<br />

Erst nach 30 Stunden, der Zug blieb unterwegs oft stehen, standen<br />

wir ermüdet auf dem kleinen Bahnsteig, und weit und breit war<br />

kein Mensch zu sehen. Vor uns nur Schienen und Sand. Ich hatte<br />

meine Leute von unserer Ankunft telegrafisch verständigt, aber vergebens<br />

schaute ich nach ihnen aus. Vielleicht waren sie auf der<br />

sandigen Piste irgendwo steckengeblieben.<br />

Eine brenzlige Situation. Von Semeih bis zu unserem Lager sind<br />

es einige hundert Kilometer. Eine Verbindung mit Bahn oder Bus<br />

dorthin existiert nicht. Ab und zu fährt einmal ein Lastwagen bis<br />

Kadugli. Außer der Bahnstation gibt es nur zwei oder drei Häuser<br />

für die Eisenbahnbeamten und ein kleines Rasthaus, sonst nichts.<br />

Uns blieb nichts übrig, als in das kleine Rasthaus zu gehen und zu<br />

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