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Leben haben würde. Ein junger Mann, Herr Grußendorf, der einige<br />

Male Schreibarbeiten für mich ausführte, hatte sie mir empfohlen.<br />

«Sie bewundert Sie», sagte er, «ich kenne sie vom Münchenkolleg,<br />

wo sie als Sekretärin arbeitet.»<br />

«Dann hat sie doch keine Zeit für mich.»<br />

«Doch», sagte er, «ich habe schon mit ihr gesprochen, sie würde<br />

gern außerhalb ihrer Dienstzeit für Sie schreiben oder auch andere<br />

Büroarbeiten erledigen, aber Geld würde sie auf keinen Fall dafür<br />

nehmen.»<br />

Als ich sie nach meiner Rückkehr aus den Bergen vor mir stehen<br />

sah, klein und zierlich, hätte ich es für ausgeschlossen gehalten, daß<br />

ein so kleines Menschenkind ein solches Bündel von Vitalität und<br />

Willenskraft sein kann. Schon am nächsten Tag begann sie mit ihrer<br />

Arbeit, die uns als Freunde bis zum heutigen Tag verbindet. Nie<br />

wurde ihr etwas zuviel. Sie kam am Abend und blieb oft bis Mitternacht.<br />

Immer guter Laune, nie Müdigkeit zeigend, übernahm sie<br />

in kurzer Zeit mehr und mehr Pflichten. Jede freie Stunde, jeden<br />

Sonnabend und Sonntag und auch die Feiertage schenkte sie mir.<br />

Bald wurde sie mir so unentbehrlich, daß ich ohne sie die schweren<br />

Krisen, in die ich immer von neuem geriet, kaum hätte überstehen<br />

können.<br />

Aus London kam eine Einladung, ich sollte einigen Interessenten<br />

die von Geyer neu kopierte Ringkampfrolle vorführen. Fünf Monate<br />

hatte die Kopieranstalt Zeit gehabt, die Kopie auszubessern, die auf<br />

der «photokina» mein Schicksal zum Guten hätte lenken können.<br />

Nach den bisherigen Erfahrungen hatte ich keinen Mut gehabt, mir<br />

die Kopie anzusehen. Ich habe das immer wieder hinausgeschoben,<br />

aber nun mußte ich sie mir anschauen. Wieder wurde es eine Enttäuschung.<br />

Längst hatte ich mich darauf eingestellt, mich mit einer mittelmäßigen<br />

Kopie zufriedengeben zu müssen, aber was nun über die<br />

Leinwand lief, war mir ein Rätsel. Die Farben waren, mit Ausnahme<br />

der «grünen», nun braun gefärbten Aufnahmen, zwar gut ausgeglichen<br />

— ein Beweis, daß sie von Anfang an farbrichtig hätten kopiert<br />

werden können, aber es war nicht mehr mein Schnitt. Aufnahmen,<br />

die ich ausgeschieden hatte, waren in der Kopie, andere, eingeschnittene,<br />

fehlten. Auch waren die Einstellungen zu lang oder zu kurz,<br />

nichts stimmte mehr. Ein unerträgliches Produkt. Und schließlich<br />

war als Höhepunkt der Schrecklichkeiten auch noch die Hälfte aller<br />

Aufnahmen seitenverkehrt kopiert. Was ich sah, war eine Verstümmelung<br />

meines Films, ein irreparabler Schaden — die Beerdigung.<br />

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