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In New York traf ich 1939 das Ehepaar, das in großem Luxus<br />

lebte, wieder. Frau Whitehead war es, die wie Maria Jeritza mich<br />

vor Ernst Jäger gewarnt hatte. Schon damals war sie keine sehr<br />

glückliche Frau mehr. Sie vertraute mir an, ihr Mann betrüge sie<br />

ständig, und nach jedem neuen Ehebruch würde sie mit kostbarem<br />

Schmuck beschenkt.<br />

Seitdem waren mehr als zwanzig Jahre vergangen, und Mrs.<br />

Whitehead war aus meinem Gesichtskreis verschwunden. Um so<br />

überraschter war ich, daß sie mich nun wiedersehen wollte. Ich<br />

hoffte, von ihr die mir noch fehlenden 95 000 DM als Darlehen zu<br />

bekommen.<br />

Sie wohnte in den «Vier Jahreszeiten». Als ich sie dort wiedersah,<br />

konnte ich einen Augenblick kein Wort herausbringen. Ich war<br />

erschrocken. Eine unförmig dicke Frau, den Kopf mit schütterem<br />

Haar bedeckt, stand vor mir. Sie sagte: «Leni, das ist meine Schwester»,<br />

sie stellte mir eine Frau mittleren Alters vor, dann schaute<br />

sie mich fragend an.<br />

«Du erkennst mich nicht mehr?» Sie brach in Tränen aus.<br />

Ich war fassungslos. Das sollte Emmy Whitehead sein?<br />

Dann erfuhr ich die traurige Geschichte dieser Frau. Nach dem<br />

Tod ihres Mannes, der ihr ein riesiges Vermögen hinterlassen hatte,<br />

lebte sie in Atlanta. Die Firma «Coca Cola» hatte dort ihre Hauptniederlassung.<br />

Sie verliebte sich, wie sie sagte, in einen jungen rassigen<br />

Südländer, der sie schamlos ausnutzte. Aus Kummer fing sie<br />

zu trinken an, wurde Alkoholikerin, und je unglücklicher sie wurde,<br />

desto mehr wuchs ihr Hungergefühl. Sie trank und aß sich fast zu<br />

Tode.<br />

«Ich bin ein Monster geworden», sagte sie, «aber vielleicht gibt<br />

es noch eine Rettung für mich, deshalb bin ich nach Deutschland<br />

gekommen. Hier soll es gute Sanatorien geben — wenigstens vierzig<br />

bis fünfzig Kilo möchte ich abnehmen.» Wortlos und ziemlich<br />

erschüttert saß ich ihr gegenüber.<br />

«Sieh mal», sagte sie und erhob sich, von ihrer Schwester gestützt,<br />

schwerfällig von dem Sofa, öffnete die Schranktüren und<br />

zeigte mir ihre zahllosen Pelze. «Alles, was es auf der Welt an<br />

Pelzen gibt, kannst du hier sehen, Zobel, Nerze, Hermelin — aber<br />

was habe ich davon, ich würde sie alle hergeben, wenn ich wieder<br />

schlank werden könnte und meine Haare wachsen würden. Ich hasse<br />

Perücken und benutze sie nur, wenn ich ausgehe. Zu Hause<br />

laufe ich immer so herum», dabei griff sie sich an ihren fast kahlen<br />

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