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Der Brief hatte mich sehr bestürzt. Nicht nur, weil er das Tagebuch<br />

nicht erwähnte, sondern seine Worte hatten mich verletzt. Sie klangen<br />

so heuchlerisch. Keineswegs war Trenker, wie er sich nach<br />

dem Krieg gern präsentierte, ein Naziverfolgter gewesen. Er war<br />

lediglich mit seinem 1936 gedrehten Film «Condottieri» für einige<br />

Zeit bei Dr. Goebbels in Ungnade gefallen. Am «Tag der Deutschen<br />

Kunst» 1937 hatte mir Trenker gesagt, er hätte ohne weiteres diese<br />

Szenen herausgeschnitten, wenn das Propagandaministerium es von<br />

ihm verlangt hätte. Nach dem «Condottieri» hat Trenker noch mehrere<br />

große Filme in Deutschland hergestellt: So 1937 «Der Berg<br />

ruft», 1938 «Liebesgrüße aus dem Engadin». Und wäre er bei den<br />

Nazis unbeliebt gewesen, hätte er nicht die Erlaubnis erhalten, 1940<br />

einen so nationalen Film wie «Der Feuerteufel» zu machen, in dem<br />

er Hauptrolle und Regie innehatte. Auch noch 1942/43 erhielt er<br />

die Hauptrolle in dem Film «Germanin» unter der Regie von W.<br />

Kimmich, dem Schwager von Goebbels.<br />

Dennoch hatte ich nie den Eindruck, Trenker wäre ein Freund<br />

der Nationalsozialisten, was ich auch bei meinen Verhören durch<br />

die Amerikaner und Franzosen wiederholt betont habe. Ich kannte<br />

seinen Charakter, der gespalten war, aber ich wollte ihm nicht schaden.<br />

Auch jetzt zögere ich, über die widerliche Tagebuch-Affäre zu<br />

schreiben. Sie hat aber auf mein Schicksal einen so entscheidenden<br />

Einfluß ausgeübt, daß ich in meinem Lebensbericht darüber nicht<br />

schweigen kann.<br />

Noch bevor ich irgend etwas in dieser Sache unternehmen konnte,<br />

überraschte mich der Besuch von Herrn Desmarais und seiner<br />

Frau. Was sie erzählten, war aufregend. Wie eine Bombe soll in<br />

Paris die Tagebuch-Veröffentlichung bei meinen Gegnern eingeschlagen<br />

haben. Diese sensationellen «Enthüllungen» waren neue Munition,<br />

mit der sie gegen die Freigabe meines Eigentums protestierten.<br />

Nur wenige Tage nach der Veröffentlichung wurde in einer Sitzung<br />

hoher französischer Beamter die Freigabe rückgängig gemacht und<br />

eine erneute Beschlagnahme verfügt.<br />

«Sie müssen», beschwor mich das Ehepaar Desmarais, «alles<br />

unternehmen, um den Beweis zu erbringen, daß dieses Tagebuch eine<br />

Fälschung ist. Auch wir haben inzwischen Schwierigkeiten bekommen,<br />

seit es bekannt wurde, daß wir Ihnen geholfen haben und den<br />

‹Tiefland›-Film fertigstellen wollen. Die Franzosen, die in der<br />

‹Cinémathèque Française› beschäftigt sind — das ist die Institution,<br />

in der Ihr Filmmaterial lagert —, haben uns als Nazicollaborateure bei<br />

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