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leiben, und da ich meine Mutter nicht so lange allein lassen wollte,<br />

beschlossen wir schweren Herzens die Heimfahrt.<br />

Wieder war es Mitte August. Die Quartiersorgen begannen schon<br />

in Tossa de Mar, einem Badeort an der Costa Brava. Es war hoffnungslos,<br />

auch nur ein Kämmerchen zu bekommen. Schließlich konnten<br />

wir in einer Jugendherberge auf einem überfüllten Matratzenlager<br />

übernachten. Wir wollten Tossa de Mar nicht verlassen, ohne in<br />

der herrlichen Bucht gebadet zu haben. Dadurch verspätete sich<br />

unsere Abreise, und wir kamen erst bei Einbruch der Nacht in<br />

Figueras an, einer kleinen Stadt vor der französischen Grenze. Vergebens<br />

suchten wir auch hier eine Schlafstelle. Obwohl ich nachts<br />

nicht gern über die Pyrenäen fahren wollte, blieb uns nichts anderes<br />

übrig. Hanni, die mich beim Fahren nicht ablösen konnte, hielt<br />

mich durch ihre lustigen Geschichten wach. Wir waren froh, als wir<br />

gegen Mitternacht den Paß erreichten, aber auch hier fanden wir<br />

nicht einmal ein Notquartier. Um zwei Uhr nachts kamen wir durch<br />

die französische Stadt Narbonne. Die Straßen waren menschenleer<br />

und nur schwach beleuchtet. Da sah ich vor einer noch offenen<br />

Kneipe vier Männer sitzen. Ich hielt an und ging zu der Gruppe.<br />

Mit meinem mangelhaften Schulfranzösisch versuchte ich mich verständlich<br />

zu machen. Die Männer glotzten mich an und fingen<br />

dann an zu grinsen. Mit Gesten versuchte ich auszudrücken, daß<br />

wir ein Nachtquartier suchten. In diesem Augenblick sah ich, wie<br />

sich mein Wagen in Bewegung setzte und langsam die leicht abfallende<br />

Straße hinunterzurollen begann. Mit einem Satz war ich am<br />

Auto, riß die Tür auf und sprang in den fahrenden Wagen, in dem<br />

schreckensbleich meine Hanni saß. Durch den Schock vergaß sie,<br />

die Handbremse fester anzuziehen.<br />

Als ich aussteigen wollte, stand einer der Männer neben dem<br />

Auto. In der Dunkelheit schätzte ich ihn auf 30 bis 40 Jahre. Zu<br />

unserer Überraschung sagte er in gebrochenem Deutsch, er wolle<br />

versuchen, was für uns zu finden. Unsere Angst vor dem fremden<br />

Mann war in diesem Augenblick größer als unser Schlafbedürfnis.<br />

Schon hatte sich der Fremde neben Hanni gesetzt, und trotz gewaltigen<br />

Herzklopfens steuerte ich langsam den Wagen in die Richtung,<br />

die der Mann angab. Die dunklen Gassen wurden immer<br />

enger. Einige Male ließ er an Häusern, in denen noch Licht brannte,<br />

anhalten, aber jedesmal kam er unverrichteter Dinge zurück. Wir<br />

wagten nicht ihn zu bitten, uns allein zu lassen, obgleich dies unser<br />

einziger Wunsch war. Als wir vor einer Haustür anhielten, an der<br />

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