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arbeitete. Vor dem Ansturm der Presse konnte ich mich kaum noch<br />

retten. Aus New York und Paris rief man mich an, aus Stockholm<br />

und Rom, und nun meldete sich plötzlich auch die deutsche Presse.<br />

Ich flüchtete aus meiner Wohnung und zog ins «Sheraton». Dieses<br />

Interesse wurde noch dadurch verstärkt, daß ich wenige Tage vor<br />

Eröffnung der Spiele 70. Geburtstag hatte. An diesem Tag sah ich<br />

im Kreise von Freunden Hädrichs Film «Erinnerungen an einen<br />

Sommer in Berlin», in dem auch ein Interview zwischen Joachim<br />

Fest und mir enthalten ist. Wir saßen gebannt vor dem Bildschirm<br />

und vergaßen über diesem starken Film den ganzen Trubel.<br />

Vergebens hatte ich mich beim Deutschen Olympischen Komitee<br />

um einen Ausweis für Horst bemüht. Ich brauchte dringend Hilfe<br />

bei meinen Arbeiten. Monique Berlioux, Mitarbeiterin von Avery<br />

Brundage, verschaffte ihn mir. Kurz vor Beginn der Spiele erhielt<br />

ich wieder telefonisch anonyme Drohungen, die mich erst beunruhigten,<br />

als mich die Kripo verständigte, es lägen Morddrohungen<br />

gegen mich vor. Die Turbulenz dieser Tage und mein Arbeitspensum<br />

ließen mir glücklicherweise keine Zeit, mir darüber Gedanken zu<br />

machen.<br />

Es war soweit. Am 26. August 1972 begannen die Olympischen<br />

Spiele. Die Eröffnungsfeier verlief außergewöhnlich eindrucksvoll.<br />

Der Einmarsch der Nationen und die anschließenden Tänze waren<br />

ein Farbenrausch und das moderne Münchner Stadion ein bizarrer<br />

Rahmen. Was für einen Film hätte man von diesem Schauspiel<br />

machen können! Zur Zeit meines Olympiafilms vor 36 Jahren gab<br />

es noch kein gutes Farbfilmmaterial, ich konnte nur in schwarzweiß<br />

drehen. Auch die technischen Möglichkeiten der 70er Jahre<br />

waren nicht gegeben. Wir hatten kein lichtempfindliches Material,<br />

keine Zoomlinsen, keine Magnetbänder — für unsere Arbeit war<br />

das damals alles Neuland.<br />

Dieses Mal produzierte ein Amerikaner gemeinsam mit der «Bavaria»<br />

den Olympiafilm, David Wolper, einer der erfolgreichsten<br />

Dokumentarfilm-Produzenten der Welt. Er hatte die Idee, den Film<br />

von zehn Regisseuren aus verschiedenen Nationen gestalten zu lassen.<br />

Jeder sollte seiner Begabung gemäß nur einen Komplex erhalten,<br />

wobei Mr. Wolper mir die Eröffnungs- und Schlußfeier zugedacht<br />

hatte. «Leider», sagte er bedauernd, «wurde mir von Bonn nahegelegt,<br />

auf Ihre Mitarbeit zu verzichten.»<br />

Dieses Verhalten deutscher offizieller Stellen war ja nichts Neues,<br />

und in besonders krasser Form trat es während dieser Spiele zutage.<br />

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