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Das war die Sache mit Ulli. Der junge Mann hatte einen guten<br />

Eindruck auf mich gemacht, war ruhig, höflich und an allem, was<br />

mit Fotografieren zusammenhing, besonders interessiert. Er sollte<br />

mich immer auf schnellstem Wege über die technische Qualität meiner<br />

Aufnahmen informieren. Auf seinen Bericht über das erste Paket<br />

mit belichteten Filmen hatte ich vergebens gewartet. Die<br />

Telegramme, die ich ihm aus Juba und Nairobi sandte, blieben unbeantwortet.<br />

Erst kurz vor meiner Rückreise erhielt ich einen Brief,<br />

unklar und verworren. Immerhin wußte ich, daß die Filme angekommen<br />

waren. Daher war nach der Begrüßung zu Hause die erste<br />

Frage an meine Mutter: «Wo sind meine Filme?»<br />

Meine Mutter machte ein bekümmertes Gesicht: «Ich fürchte,<br />

du wirst mit Ulli Ärger bekommen.»<br />

«Wieso?» fragte ich erschrocken.<br />

«Er war so sonderbar und hat mir auf meine Fragen immer ausweichende<br />

Antworten gegeben.»<br />

«Hat er dir die Filme nicht übergeben?» fragte ich stockend.<br />

«Nur einen Teil», sagte meine Mutter, «die erste Sendung, aber<br />

nicht die zweite und auch nicht die dritte.»<br />

Mir wurde schwindlig.<br />

Meine Mutter zögernd: «Ich erfuhr, daß er nach deiner Abreise<br />

eine Stellung als Fotograf angenommen hat, und deshalb konnte ich<br />

ihn nie erreichen.»<br />

Mein Gott, dachte ich, vielleicht hat er meine Aufnahmen an<br />

eine Fotoagentur verkauft. Ich mußte Gewißheit haben. Da meldete<br />

er sich überraschend. Erleichtert atmete ich auf. Was er mir mitteilte,<br />

war niederschmetternd. Die Filme, die er mir übergab, waren<br />

Blankfilme, aus glasklarem Zelluloid. Lakonisch sagte er: «Das kann<br />

nur durch die afrikanische Zensur oder beim Zoll geschehen sein —<br />

ich habe Ihnen davon nichts mitteilen wollen, um Sie nicht zu<br />

erschrecken.»<br />

Der Schmerz, den ich damals empfand, war unbeschreiblich. Ich<br />

war wie gelähmt. Es war unfaßbar. Mehr als 200 Filme hatte ich<br />

aufgenommen, und nur die erste Sendung, die meine Mutter erhalten<br />

hatte, war gerettet — nur 90 Filme. Ich konnte nicht mehr<br />

essen, nicht mehr schlafen. Wie konnte das geschehen?<br />

Plötzlich fiel mir etwas ein, was mich stutzig machte. Ulli hatte<br />

mir Aufnahmen beschrieben, die es gar nicht gab. Vergebens versuchte<br />

ich ihn zu erreichen, aber er war nicht mehr aufzufinden. Er<br />

hatte München ohne Angabe einer Adresse verlassen. Ich übergab<br />

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