09.01.2013 Aufrufe

Untitled

Untitled

Untitled

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

eenden.<br />

Die Gerichtsverhandlung fand jeden Freitag in Rheika, dem Wohnsitz<br />

des «Mak», statt. Zusammen mit mehreren Chiefs der anderen<br />

Dörfer wurde das Urteil gefällt. Die Verhandlung, die unter großen,<br />

schattigen Bäumen stattfand, dauerte mehrere Stunden. Es überraschte<br />

mich, daß alle Beteiligten erschienen waren, ohne jede Bewachung<br />

und völlig frei. Keiner hatte sich vor der Untersuchung<br />

gedrückt. Auch die Verwandten waren gekommen und saßen in<br />

einem Kreis um die «Täter», die einzeln aufgerufen wurden.<br />

Die Verhandlung verlief ganz ruhig und hatte eher den Charakter<br />

einer Unterhaltung als eines Verhörs. Nur als Tukami sich verteidigte,<br />

erhob sich großes Gelächter. Er sei zu diesem Festmahl zu<br />

spät gekommen und hätte nur noch ein Stückchen vom Darm erwischt,<br />

da alle guten Stücke schon verzehrt waren. Auch habe er<br />

nicht gewußt, daß die Ziege gestohlen war. Er machte dabei ein so<br />

trauriges Gesicht, daß man Mitleid mit ihm haben mußte. Ich war<br />

überzeugt, er würde nicht bestraft werden, aber ich hatte mich<br />

geirrt. Als nach drei Stunden das Urteil verkündet wurde, erhielt<br />

jeder der zehn Nuba die gleiche Strafe, auch Tukami: Drei Monate<br />

Gefängnis in Kadugli. Außerdem hatten sie oder ihre Familien den<br />

Geschädigten die Ziegen zu ersetzen.<br />

Die Gefängnisstrafe erschien mir unbegreiflich hoch, aber ohne<br />

Murren wurde sie angenommen. Die Gesetze und die Höhe der<br />

Strafe wurden allein von den Nuba bestimmt, nur der Strafvollzug,<br />

das Gefängnis, war Sache der sudanesischen Regierung.<br />

Den Delinquenten war nicht erlaubt, in ihre Hütten zu gehen, sie<br />

mußten sofort in Begleitung eines dem «Mak» unterstellten Hilfspolizisten<br />

nach Kadugli abmarschieren. Ein trauriger Abschied. Unfaßbar,<br />

daß ich sie nicht mehr wiedersehen würde.<br />

Es gab dann noch eine Überraschung. Beim Abzählen der Zehn<br />

fehlte einer von ihnen — Tukami. Wahrscheinlich war ihm die<br />

Strafe für ein bißchen Darm zu hart erschienen. Er war verschwunden<br />

und nicht mehr aufzufinden. Tukami war fort, über alle Berge<br />

auf und davon. Zurückkommen würde er kaum, da er dann eine<br />

dreimal so hohe Strafe verbüßen müßte.<br />

Als ich bedrückt nach Tadoro zurückkehrte, sah ich, daß Walter<br />

und Dieter schon mit dem Abreißen des Lagers begonnen hatten,<br />

obgleich ich so gern noch einige Aufnahmen gemacht hätte. So war<br />

das Ende der Expedition gekommen, der Aufbruch überstürzt, weil<br />

meine Leute schnell fort wollten, ich aber nicht. Der Abschied war<br />

309

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!