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Teilnehmer doch nicht ausgewählt habe, daß sie von 30 Kameraleuten,<br />

die an ganz verschiedenen Plätzen arbeiteten, gefilmt wurden,<br />

und es nicht meine Schuld sein kann, wenn Athleten nun einmal<br />

trainierter aussehen, wurden nicht zur Kenntnis genommen.<br />

Eine sachliche Diskussion konnte nicht zustande kommen, die<br />

Vorurteile meiner Gesprächspartner waren zu groß. Ich war darauf<br />

nicht vorbereitet und versuchte, so gut es ging, aus dieser peinlichen<br />

Affäre herauszukommen. Schon oft hatte ich mit Gegnern des<br />

damaligen Regimes gesprochen und immer Verständnis für Andersdenkende<br />

gehabt, auch für überzeugte Kommunisten. Ich selber<br />

hatte noch 1944 einen Altkommunisten, wie es auch Frau<br />

Kretschmer war, in meiner Firma als Aufnahmeleiter angestellt,<br />

und als er 1944 wegen Führerbeleidigung verhaftet wurde, mich für<br />

ihn eingesetzt und weiter beschäftigt. Er hieß Rudolf Fichtner und<br />

war ein Münchner. Schade, daß er mir an diesem Abend nicht zur<br />

Seite stehen konnte, vielleicht würde dann Frau Kretschmer etwas<br />

weniger hart mit mir ins Gericht gegangen sein.<br />

Es war kein guter Abgang für Hansjürgen Rosenbauer. In der<br />

Presse konnte man es am nächsten Tag lesen: «Als die Scheinwerfer<br />

verlöschten, herrschte im Studio peinliches Schweigen. Rosenbauer<br />

war mit einem Schlag allein. Sogar Bühnenarbeiter gingen ihm<br />

aus dem Weg. Das kalte Büfett, das zu seinem Abschied organisiert<br />

war, wurde abgeblasen. Hunderte von Fernsehzuschauer protestierten<br />

telefonisch beim WDR. Sie schämten sich der Art und Weise,<br />

in der eine alte Frau wie eine Angeklagte behandelt und moralisch<br />

hingerichtet wurde. Die Fernsehsendung wurde zum Skandal. Millionen<br />

von TV-Zuschauern waren Zeugen eines würdelosen Tribunals.<br />

Die Angeklagte, eine Frau mit brauner Vergangenheit — Leni<br />

Riefenstahl. Die Staatsanwälte: Eine Gewerkschafterin — Elfriede<br />

Kretschmer, und ein erfolgreicher Schlagersänger — Knut<br />

Kiesewetter. Der Richter: Hansjürgen Rosenbauer.» So stand es<br />

wörtlich in verschiedenen Zeitungen, die mir keineswegs sonst wohlgesinnt<br />

waren, sondern wesentlich mehr Sympathie für Frau<br />

Kretschmer bekundeten.<br />

Man teilte mir mit, an die zweitausend Anrufe seien während<br />

der Sendung beim WDR in Köln registriert worden. Das soll es<br />

noch nie gegeben haben. Auch wurde ermittelt, daß die Fernsehzuschauer<br />

ausnahmslos Partei für mich ergriffen hatten. Meine Mitarbeiter<br />

und Freunde, Inge und Horst, die sich während der Sendung<br />

in meiner Wohnung aufhielten, erzählten, schon wenige Minuten<br />

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