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Während unserer Arbeit kamen immer mehr Mitglieder und Direktoren<br />

aus den verschiedenen Abteilungen und betrachteten die<br />

an der Wand hängenden Fotos. Auch Mr. Leakey war zugegen und<br />

viele andere, die in der Forschung einen Namen haben, so die englische<br />

Wissenschaftlerin Jane Goodall, die in Afrika jahrelang allein<br />

mit einer Gruppe von Schimpansen lebte und aufsehenerregende<br />

Berichte darüber veröffentlichte. Immer wieder hörte ich das Urteil<br />

«incredible». Selbst der Präsident von «National Geographic», Mr.<br />

Grosvenor, war beeindruckt.<br />

Da geschah etwas Unerwartetes. Als ich am letzten Tag um zehn<br />

Uhr vormittags zu «National Geographic» kam, eröffneten mir Mary<br />

Smith und Bill Garrett mit versteinertem Gesicht, daß die Serie nicht<br />

erscheinen werde. Es verschlug mir die Sprache. Ich war zutiefst<br />

bestürzt. Auch den beiden sah ich an, daß sie ebenso betroffen waren<br />

wie ich. Über die Gründe dieser plötzlichen Entscheidung sagte Mary<br />

Smith, von Anfang an seien Einwände gegen meine Person erhoben<br />

worden, aber einige der maßgeblichen Redakteure hätten sich für das<br />

Erscheinen der Serie so nachdrücklich eingesetzt, wie sie selbst und<br />

besonders Bill Garrett, daß der Widerstand einiger Vorstandsmitglieder<br />

gebrochen schien. Dem allmächtigen Board des Magazins, der die<br />

letzte Entscheidung traf, gehörten ungefähr 20 superreiche, alte und<br />

extrem konservative Amerikaner an, die gleichzeitig auch Sponsoren<br />

waren und den Spitznamen «Halbgötter» trugen. Unter ihnen war<br />

noch einmal eine heftige Debatte über die Serie entbrannt, in der die<br />

Mehrzahl der Mitglieder sich gegen die Veröffentlichung des Berichts<br />

entschied. Diesem Beschluß konnte sich auch Gilbert W.<br />

Grosvenor, der Präsident, nicht widersetzen. Mitentscheidend war<br />

die Befürchtung, viele Abonnenten, die Mitglieder religiöser Sekten<br />

sind, könnten an der Nacktheit der Nuba Anstoß nehmen. Auf meine<br />

Frage, wieso diese Entscheidung so spät erfolgt sei, sagte Mary Smith,<br />

dieses Unheil habe sich erst nach Bekanntwerden von Susan Sontags<br />

vieldiskutiertem Bericht zusammengebraut. Dieser auch von Journalisten<br />

sehr umstrittene Artikel, in dem ich als fanatische Nationalsozialistin<br />

analysiert wurde, soll die Leute aufgescheucht und ängstlich<br />

gemacht haben. Ein anderer mißlicher Umstand: Der alte Grosvenor,<br />

von dem das Magazin Jahrzehnte geleitet worden war, hatte aus<br />

Altersgründen das Amt seinem Sohn übergeben. Und dieser war, so<br />

sagte man, wohl ebenfalls sehr intelligent, aber, anders als sein Vater,<br />

noch etwas unsicher und ängstlich. Er fürchtete um seine Position,<br />

wenn er sich gegen den Willen des Vorstandes stellte.<br />

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