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halb ärgerlich, «sind Sie von Sinnen? Sie können doch nicht die<br />

ganze Redaktion durcheinanderbringen. Die Fotos sind doch schon<br />

gedruckt.» Ich kam mir wie ein gejagter Hase vor, die Nerven versagten.<br />

Ich fing an zu schluchzen. Nannen, den ich seit fünfzehn<br />

Jahren nicht mehr gesehen hatte, versuchte mich zu besänftigen.<br />

«Die Texte, die Sie stören, können Sie doch ändern, das ist doch<br />

kein Grund, daß die Serie nicht erscheint.» Er brachte mich in das<br />

Büro seiner Sekretärin, wo ich ihr die Korrekturen direkt in die<br />

Maschine diktieren sollte.<br />

«Hauptsache», sagte Nannen im Weggehen, «daß Sie in zwei<br />

Stunden fertig sind — das ist der späteste Termin für den Druck.»<br />

Dann drückte er mir den Scheck in die Hand und verabschiedete<br />

sich.<br />

Dieser in einer Zeitschriften-Redaktion nicht gerade alltägliche<br />

Vorgang spielte sich am 3. Dezember 1969 ab. Schon in der nächsten<br />

Woche hielt ich das «stern»-Heft in Händen. Ich konnte mich<br />

von der Titelseite nicht losreißen, sie war wunderbar. Die von<br />

Gillhausen gestaltete Bildreportage war so ungewöhnlich, daß es<br />

nicht übertrieben ist zu sagen, der «stern» hat den Nuba ein Denkmal<br />

gesetzt.<br />

Ein Irrtum in Speers «Erinnerungen»<br />

In dieser Zeit erhielt ich von Albert Speer sein erstes Buch, «Erinnerungen»,<br />

dessen Manuskript im Spandauer Gefängnis entstanden<br />

war. Zwanzig Jahre hatte er dort verbracht. Er war der einzige<br />

Angeklagte in Nürnberg gewesen, der sich «schuldig» bekannte,<br />

was Historiker, Freunde und Feinde zu unzähligen Kommentaren<br />

veranlaßt hatte. Bücher wurden über ihn geschrieben, Filme gemacht,<br />

die Urteile über ihn waren extrem. Viele seiner Freunde<br />

verstanden ihn nicht, ihr Urteil war hart. Sie glaubten, seine innere<br />

Wandlung sei aus Berechnung erfolgt, er sei ein «Verräter». Andere<br />

wiederum, besonders einige der Verfolgten, bemühten sich, ihm zu<br />

verzeihen. Ich glaube, daß Speer diese Verzeihung suchte, daß er<br />

direkt süchtig nach ihr war. Er litt, und das glaube ich, Höllenqualen,<br />

und er ging nicht den leichteren Weg, den der Verdrängung. Er<br />

suchte die Konfrontation.<br />

Solange Hitler noch lebte, war er ihm total verfallen. Wie hätte er<br />

sonst, nachdem Hitler ihn zum Tode verurteilt hatte, kurz vor<br />

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