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Ziel. Bevor ich den Kraal betreten durfte, ging ein langes Palaver<br />

zwischen den Ältesten des Kraals und dem Prinzen von Isenburg<br />

voraus, in dessen Verlauf der Prinz dem Häuptling seinen ganzen<br />

Stammbaum aufzählte, auf Grund dessen er mit jedem europäischen<br />

Herrscherhaus verwandt war, bis hinauf zum englischen Königshaus<br />

und dem vor fast 50 Jahren verstorbenen Kaiser Franz<br />

Joseph von Österreich und König von Ungarn. Darüber offenbar<br />

respektvoll erstaunt, erlaubte man uns, den Kraal zu betreten. Es<br />

lohnte sich. Ich gestehe, ich hatte so interessante Masai noch nie<br />

gesehen, und nach einiger Zeit durfte ich sie auch fotografieren.<br />

Ihre ursprüngliche Zurückhaltung verschwand, aber so zutraulich<br />

wie die Nuba wurden sie nicht.<br />

Manchmal brachten sie mich in ihrer Unberechenbarkeit zur Verzweiflung,<br />

sie hielten ihre Zusage nicht ein und ließen mich oft<br />

stundenlang warten, dann aber konnten sie wieder entwaffnend<br />

nett sein. Sie zeigten uns, wie sie ihre Schilder anfertigten, was die<br />

Muster darauf bedeuten und führten uns sogar Scheinkämpfe vor.<br />

Auffallend die feinen, fast weiblichen Gesichtszüge von fremdartiger<br />

Schönheit, die viele der jungen Masai, die Morani genannt wurden,<br />

aufwiesen. Betont wurde dies feminine Aussehen, in krassem<br />

Gegensatz zu ihren männlichen Eigenschaften, noch durch ihre langen<br />

rotgefärbten Haare, die kunstvoll in kleinen Zöpfen geflochten<br />

und deren Enden in Ziegenleder eingewickelt waren. Neun Jahre<br />

dauerte die Ausbildungszeit eines Moran. Jeder besaß Speer und<br />

Schild. Speere durften sie damals noch tragen, aber die Schilder<br />

hatte ihnen die englische Verwaltung schon verboten. Schilder konnten<br />

Kampf oder Streit bedeuten, während der Speer eine lebensnotwendige<br />

Waffe gegen die wilden Tiere war.<br />

Die britischen Kolonialbeamten waren schon längst von der Praxis<br />

abgekommen, die Masai nach Viehdiebstählen in ein Gefängnis<br />

zu stecken. Ihr Freiheitsdrang war so groß, daß sie die Nahrung<br />

verweigerten und starben. Deshalb hatten die Engländer eine andere<br />

Strafe gewählt. Der Masai mußte sein Lieblingsrind abliefern. Die<br />

Härte dieser Strafe ist nur zu verstehen, wenn man weiß, was das<br />

für einen Masai bedeutet. Sie haben eine geradezu magische Beziehung<br />

zu ihren Rindern, wie es auch bei den Hindus in Indien noch<br />

jetzt der Fall ist. Das Lieblingsrind ist für einen Masai das Höchste,<br />

was er besitzt. Ein junger Masai-Krieger, zu dieser Strafe verurteilt,<br />

war so verzweifelt, daß er während einer öffentlichen<br />

Veranstaltung, in der sein Rind ein neues Brandzeichen erhielt, zum<br />

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