09.01.2013 Aufrufe

Untitled

Untitled

Untitled

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Scheinwerfer darauf gerichtet, der Filmstab lief geschäftig herum — und im<br />

Hintergrund sah man Streicher, Rosenberg und Frank mit ihren Manuskripten auf<br />

und ab gehen, eifrig ihre Rollen memorierend. Heß kam an und wurde als erster zur<br />

Aufnahme gebeten. Genau wie vor den 30 000 Zuhörern des Parteikongresses<br />

erhob er feierlich die Hand. Mit dem ihm eigenen Pathos aufrichtiger Erregung<br />

begann er sich genau dorthin zu wenden, wo Hitler nun eben nicht saß und rief in<br />

strammer Haltung: ‹Mein Führer, ich begrüße Sie im Namen des Parteikongresses.<br />

Der Kongreß nimmt seinen Fortgang. Es spricht der Führer!› Er wirkte dabei<br />

so überzeugend im Ausdruck, daß ich von diesem Zeitpunkt an nicht mehr ganz<br />

von der Echtheit seiner Gefühle überzeugt war. Auch die drei anderen spielten ihren<br />

Part wirklichkeitstreu in die Leere der Filmhalle und erwiesen sich als begabte<br />

Darsteller. Ich war reichlich irritiert. Frau Riefenstahl dagegen fand die gestellten<br />

Aufnahmen besser als die der originalen Darbietung ...<br />

Aber immerhin war ich bis dahin von der Echtheit der Gefühle überzeugt, mit<br />

denen die Redner die Begeisterung der Massen hervorriefen. Um so überraschender<br />

wirkte an diesem Tag im Johannistaler Filmtheater auf mich, daß diese ganze<br />

Bezauberungskunst auch ohne Publikum ‹echt› dargestellt werden konnte.»<br />

Dies war eine Vision Speers, die mit der Wirklichkeit nichts zu<br />

tun hat. Sicherlich hat er dies nicht aus böser Absicht geschrieben,<br />

in den zwanzig Jahren seiner Haft hat er naturgemäß einiges durcheinandergebracht.<br />

Als ich ihn aufklärte und ihm beweisen konnte,<br />

wie die Vorgange tatsächlich verlaufen waren, tat es ihm leid, und er<br />

versprach, diese Irrtümer bei Neuauflagen zu korrigieren.<br />

Wie aber können solche Irrtümer entstehen, die sogar einem<br />

Wahrheitsfanatiker, wie Speer es ist, unterlaufen sind? Die Szene,<br />

die er beschreibt, hat sich so abgespielt: Es ist richtig, daß Speer in<br />

einer Filmhalle das Rednerpult des Kongreßsaales aufbaute, in der<br />

eine Nachaufnahme von Julius Streicher, nicht aber von Rudolf<br />

Heß gefilmt wurde. Bei Streichers Rede in Nürnberg war dem Kameramann<br />

der Film ausgegangen, und da Streicher als Gauleiter von<br />

Franken einmal erscheinen sollte, mußte ein Satz in einer Länge<br />

von wenigen Sekunden nachträglich aufgenommen werden. Bei dieser<br />

kurzen Szene war außer Speer, dem Gauleiter und dem technischen<br />

Stab niemand weiter anwesend, weder Heß, Frank, Rosenberg<br />

und auch ich nicht, von Rudolf Heß wurde nie nachträglich eine<br />

Aufnahme gemacht. Ich kenne den Grund von Speers Irrtum: Einen<br />

Tag vor der Eröffnung des Parteitags verlangte Heß in der Kongreßhalle<br />

eine Lichtprobe am Rednerpult. Er stellte sich auf das Pult,<br />

um zusammen mit dem Kameramann Sepp Allgeier zu überprüfen,<br />

393

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!