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angelaufen, und in weniger als zehn Minuten waren wir von Hunderten,<br />

später von Tausenden umringt, ein unbeschreibliches Schauspiel.<br />

Ich versuchte, mit der Kamera festzuhalten, was ich nur<br />

konnte, vergaß die Zeit und darüber auch, daß ich schon längst auf<br />

dem Weg nach Khartum sein müßte.<br />

Mitten im Gewühl erschien zu meinem Schrecken die Lorre, die<br />

mich abholen sollte. Eigentlich hätte ich sofort einsteigen müssen,<br />

aber — wie soll ich das erklären — ich wollte dieses faszinierende<br />

Fest zu Ende erleben. In meinem Optimismus hoffte ich, daß wir<br />

den Zug noch erreichen würden.<br />

Glücklicherweise wurden auch mein Fahrer und seine Begleiter<br />

von dem Fest mit seinen hübschen Mädchen so mitgerissen, daß<br />

sie mehr als einverstanden waren, die Abreise auf nächsten Morgen<br />

zu verschieben.<br />

Beim Hahnenschrei stehen die Nuba auf, an diesem Morgen wurde<br />

es allerdings etwas später. Als ich erwachte, war ich durch die<br />

bevorstehende Trennung bedrückt. Meine Gedanken waren so mit<br />

den Nuba beschäftigt, daß ich kaum an meine Freunde in Khartum<br />

dachte. Es war die Atmosphäre hier, von der ich mich immer so<br />

schwer lösen konnte. Zum dritten Mal fand ich bestätigt, daß ich<br />

trotz vieler Entbehrungen unter diesen Menschen glücklich war.<br />

Als es hell wurde, kamen die ersten Nuba. Sie wollten mich<br />

überreden, sie nicht zu verlassen. Es wurden immer mehr. Während<br />

ich meine Sachen zusammenpackte, kam die Lorre. Beim Anblick<br />

meiner Kisten wurde mir angst und bange, Mohamed konnte mich<br />

zwar in Semeih absetzen, aber unmöglich auf die Ankunft des Zuges<br />

warten, er mußte dringend nach El Obeid zurück. Der Zug, der<br />

nur wenige Minuten in Semeih hält, ist total überfüllt, und außer<br />

dem Bahnhofsvorsteher gibt es niemand, der die schweren Kisten<br />

in die Waggons stellen könnte. Während mir diese Gedanken durch<br />

den Kopf schossen, fragte mich einer der Nuba, ob ich ihn bis nach<br />

Khartum mitnehmen würde. Es war Dia aus Taballa, ein junger<br />

Ringkämpfer.<br />

«Was willst du in Khartum?» fragte ich.<br />

«Buna gigi Leni nomandia», er möchte sehen, wie ich in den<br />

großen Vogel einsteige und zum Himmel fliege. Ich lachte ihn aus<br />

und nahm das nicht ernst. Es wäre auch keine Zeit gewesen, ihn<br />

einzukleiden, denn er hatte nur ein Hüfttuch um.<br />

Ich sagte: «Nein, Dia, ich kann dich nicht mitnehmen, das geht<br />

nicht.»<br />

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