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Diamanten» die gefährlichen Tierszenen arrangiert hatte.<br />

Im April 1956 stand ich bei naßkaltem und unfreundlichem Wetter<br />

auf dem Flughafen Riem und nahm Abschied von meiner Mutter<br />

und meinen Freunden. Glücklicherweise hatte meine Mutter,<br />

diese wunderbare Frau, Verständnis auch für diese abenteuerliche<br />

Reise.<br />

Als eine Flugzeugverspätung gemeldet wurde, schrieb ich, was<br />

ich noch nie zuvor getan hatte, ein kurzes Testament. War es eine<br />

Vorahnung? Es begann zu schneien, und ich war froh, in die Maschine<br />

einzusteigen.<br />

Während des langen Flugs lief mein bisheriges Leben wie ein<br />

Film an meinen Augen vorüber. Ich war aufgewühlt und konnte<br />

keinen Schlaf finden. Die Nacht schien ohne Ende.<br />

Ein älterer Herr, der neben mir saß, fragte mich: «Verzeihen Sie,<br />

sind Sie nicht Leni Riefenstahl?»<br />

Erschrocken, daß man mich erkannt hatte, und unangenehm berührt,<br />

aus meinen Träumen herausgerissen zu sein, sah ich in ein<br />

mir unbekanntes Gesicht. Noch bevor ich geantwortet hatte, sagte<br />

der Mann: «Sie sind es bestimmt, ich kenne Sie aus Ihren Filmen.»<br />

Ich wußte nicht, wie ich mich verhalten sollte.<br />

«Ich heiße Hirsch und lebe in Tel Aviv.»<br />

Als ich zusammenzuckte, sagte er: «Nicht alle Juden verurteilen<br />

die Deutschen. Ich weiß, daß Sie viel mitgemacht haben, ich will<br />

Sie nicht quälen, aber verstehen Sie, wenn ich schon einmal Gelegenheit<br />

habe, mit jemandem zu sprechen, der Hitler persönlich<br />

kannte, dann möchte ich gern erfahren, wie Hitler wirklich war.»<br />

Um mein Herz legte sich eine Klammer, und ich begann zu<br />

schluchzen.<br />

«Bitte, verzeihen Sie», sagte ich, «ich kann nicht darüber sprechen.»<br />

«Dann erzählen Sie mir von Ihren Filmen, und verzeihen Sie<br />

mir.»<br />

Bevor Herr Hirsch in Kairo ausstieg, gab er mir seine Visitenkarte.<br />

Er verabschiedete sich aufs freundlichste. Mir war bewußt, daß<br />

dies eine Ausnahme war, und ich verstand jene, die nicht verzeihen<br />

konnten.<br />

Beim Abflug von Kairo waren nur noch wenige Passagiere in der<br />

Maschine. Ich verfiel in einen Dämmerschlaf. Als ich die Augen<br />

öffnete, sah ich durch die dunklen Fensterscheiben das erste Morgenlicht<br />

— ein zauberhafter Farbschleier. Nur in Grönland hatte ich<br />

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