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sie außer sich. Wie sollten sie auch begreifen, wieso sie auf dem<br />

Bildschirm so riesengroße Köpfe hatten. Schon vom frühen Morgen<br />

an saßen sie auf diesem Platz. Jeder Stein war besetzt, und<br />

abends hockte die Jugend sogar in den Bäumen.<br />

Genauso begierig waren sie auf die Tonaufnahmen, besonders auf<br />

solche, die wir unbemerkt aufgenommen hatten. Ihre Gespräche,<br />

ihre Gesänge, ihr Geschrei bei dem großen Ringkampffest und ihre<br />

Klagelieder bei den Totenfeiern, das wollten sie immer wieder hören.<br />

Hunderte strömten herbei. Um eine Panik zu verhindern, mußten<br />

wir die Vorführungen einstellen.<br />

Eine wichtige Aufgabe war es, den Kranken zu helfen. Wir richteten<br />

einen geregelten Krankendienst ein. Am günstigsten war die<br />

Zeit nach Sonnenuntergang. Da die Nuba noch nicht an irgendwelche<br />

Medikamente gewöhnt waren, erzielten wir unglaubliche Heilungen.<br />

Kranke, denen nicht mehr zu helfen war, brachte Horst<br />

nach Kadugli ins Krankenhaus. Das führte oft zu dramatischen<br />

Szenen, da die Angehörigen sich nicht von den Kranken trennen<br />

wollten. Dies war auch der Grund, weshalb Dr. Schweitzer sein<br />

Krankenhaus in Lambarene, oft im Widerspruch zu seinen ärztlichen<br />

Kollegen, so eingerichtet hatte, daß die Angehörigen bei ihren<br />

Kranken bleiben konnten. Wie richtig er gehandelt hatte, konnten<br />

unsere Erfahrungen nur bestätigen.<br />

Als wir das erste Ringkampffest erlebten, fiel mir zum ersten<br />

Mal auf, daß fast alle Kämpfer bunte Hosen in allen Farben trugen,<br />

und daß viele von ihnen anstelle der hübschen Kalebassen, die sie<br />

früher als Schmuck rückwärts an ihre Gürtel gebunden hatten, Plastikflaschen,<br />

sogar leere Konservenbüchsen angehängt hatten. Auch<br />

trugen manche Sonnenbrillen. Ich war entsetzt, Horst enttäuscht.<br />

Was er auf meinen Fotos gesehen hatte, war nicht mehr vorhanden.<br />

Wir verzichteten darauf, das Fest zu filmen — es wäre um jeden<br />

Meter schade gewesen.<br />

Wie konnte das geschehen? Vor zwei Jahren hatte ich faszinierende<br />

Aufnahmen dieser Kämpfe gemacht. In der Freude des Wiedersehens<br />

waren mir in den ersten Tagen diese äußerlichen Veränderungen nicht<br />

aufgefallen. Noch extremer trat der Wechsel der uralten Bräuche bei<br />

einer Totenfeier in Erscheinung. Was damals so ergreifend war,<br />

wirkte jetzt eher peinlich. Die früher weiß eingeaschten, ganz unwirklich<br />

aussehenden Gestalten trugen jetzt zerlumpte, schmutzige<br />

Kleidungsstücke. Ein Anblick zum Erbarmen. Und diese äußere,<br />

unglaubliche Veränderung war auch im Alltag nicht spurlos an den<br />

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