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Ihnen, weil ich weiß, daß im Grunde Ihres Weges ein Glaube war.<br />

Die Größe, die aus diesen Zeilen sprach, bewegte mich tief. Wie<br />

einen Schatz habe ich diesen Brief, ebenso wie seine weiteren,<br />

aufbewahrt. In meiner Antwort stand:<br />

Sie werden nicht ermessen können, wie sehr mich Ihre Zeilen aufgewühlt<br />

haben. Ich habe schon einige Briefe an Sie zerrissen, es ist<br />

einfach zu viel, was ich Ihnen sagen müßte, daß Sie mich verstehen<br />

könnten. Ich bin im Grunde dieselbe geblieben, wie damals, nur<br />

haben die harten Kämpfe der letzten zehn Jahre ihre Spuren hinterlassen.<br />

Fast alles, was die Presse über mich an Nachrichten bringt,<br />

ist aus der Luft gegriffen, nichts, aber auch nichts entspricht den<br />

Tatsachen. Meine Feinde sind unsichtbar, namenlos, aber sie sind<br />

furchtbar. Ich führe einen verzweifelten Kampf gegen meine Gegner,<br />

die mich um jeden Preis vernichten wollen. Aber ich muß<br />

diesen Kampf führen, wenn ich leben will.<br />

Die größte Belastung, die ich mir selber zuschreiben muß, fällt<br />

noch in die Zeit, in der wir uns sahen. Ich habe damals wirklich<br />

geglaubt, daß Hitler ein Mann ist, der sich für soziale Gerechtigkeit<br />

einsetzt, ein Idealist, der einen Ausgleich zwischen arm und<br />

reich schaffen wird, und der die Kraft hat, die Korruption zu beseitigen.<br />

Seine Rassentheorien habe ich, wie Sie wissen, niemals bejaht,<br />

dies war auch der Grund, warum ich nicht der Partei<br />

beigetreten bin. Ich hatte immer gehofft, daß diese falschen Grundlehren<br />

nach Erreichung der Macht verschwinden würden. Nie habe<br />

ich bestritten, daß ich der Persönlichkeit Hitlers verfallen war. Daß<br />

ich das Dämonische zu spät in ihm erkannt habe, ist zweifellos<br />

Schuld oder Verblendung — entscheidend ist ja das innere Erleben,<br />

was wir wirklich an Schuld uns aufgeladen haben, was wir gewußt<br />

und was wir nicht gewußt haben. Daß viele von den furchtbaren<br />

Geschehnissen in den KZs nichts wußten, das wird uns ja nicht<br />

geglaubt. Erst nach dem Krieg als Gefangene erfuhr ich von diesen<br />

wahnsinnigen Verbrechen. Monatelang konnte ich an so etwas Grauenhaftes<br />

nicht glauben, ich bin fast wahnsinnig darüber geworden,<br />

und ich fürchtete, daß ich niemals mehr frei werden kann von dem<br />

Alpdruck dieses ungeheuren Leidens. Meine Zeilen sind wie eine<br />

kleine Beichte. Daß ich gerade Ihnen das sage, kommt daher, daß<br />

ich immer das Gefühl hatte, daß Sie in das Innere eines Menschen<br />

schauen können und ihn verstehen.<br />

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