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Haar. Zwanzig Jahre waren vergangen, seit ich ihn zum letzten Mal<br />

gesehen hatte — im «Palace Hotel» in St. Moritz, zu Silvester<br />

1938.<br />

Für mich war das mehr als ein Wiedersehen mit einem alten<br />

Freund. Wie oft nach dem Krieg hatte ich an ihn gedacht, aber nie<br />

gewagt, ihm zu schreiben. Nun hatte ich während der «Biennale»<br />

einen ständigen Begleiter. Gemeinsam sahen wir uns Filme an. Auch<br />

von Sternbergs Filmen gab es eine Retrospektive, aber er wollte<br />

nicht, daß ich sie mir anschaue. «Die taugen nichts», sagte er mit<br />

leichter Resignation, «laß uns lieber nach Venedig fahren.»<br />

Dort besuchten wir Galerien und Geschäfte, auch den bunten<br />

Markt dieser faszinierenden Stadt. Er machte verschiedene Einkäufe<br />

und erstand für mich einen herrlichen violetten Wollschal. Mit<br />

keinem Wort erwähnte er die Vergangenheit, er sprach nur von der<br />

Gegenwart. Auch von seinem Leben nach unserer Trennung sagte<br />

er kaum etwas. Nach einer langen, schweren Krise, in der er todkrank<br />

war, schien er ein glücklicher Mensch geworden zu sein. Er<br />

hatte wieder geheiratet und zeigte mir Fotos von seiner Familie —<br />

eine junge hübsche Frau und, soweit es mir noch in Erinnerung ist,<br />

zwei Kinder. Ich hatte den Eindruck, daß dies nun seine Welt war.<br />

Er sprach fast nur von seiner Familie. Trotzdem wollte ich etwas<br />

über seine Arbeit mit Marlene erfahren. Er sagte, daß es angenehm<br />

gewesen sei, mit ihr zu arbeiten, er lobte ihre Disziplin und sprach<br />

mit Bewunderung über ihr technisches Wissen, besonders was Beleuchtung<br />

und Schminkkunst betraf.<br />

«Sie weiß genau», sagte Sternberg, «wo die Scheinwerfer stehen<br />

müssen und wie man sie am vorteilhaftesten beleuchtet.»<br />

Dann zeigte er mir ein goldenes Zigarettenetui, auf dem eingraviert<br />

war: «In Dankbarkeit — Marlene». Mehr wollte er über sie<br />

nicht sagen.<br />

Diese Begegnung mit Sternberg ließ alles andere auf der «Biennale»<br />

so sehr in den Hintergrund treten, daß ich nur bei einer Vorführung<br />

meiner Filme anwesend war, in der Sternberg neben mir saß.<br />

«Du bist eine gute Regisseurin», flüsterte er, «aber ich wollte aus<br />

dir eine große Schauspielerin machen. C’est la vie.»<br />

Während der Vorführung meiner Filme gab es oft Applaus — sie<br />

waren ein großer Erfolg.<br />

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