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Versprechen gegeben — zu oft hatte ich ihm geglaubt. «Ich kann es<br />

nicht mehr, ich werde verrückt», sagte ich weinend. Am liebsten<br />

wäre ich aus dem Wagen gesprungen, so groß war meine Angst,<br />

wieder schwach zu werden. Meine Zuneigung war noch viel zu<br />

stark. Peter versuchte mich zu beruhigen.<br />

«Ich will dir helfen», sagte er, «du brauchst jetzt Hilfe und einen<br />

Freund — ich werde warten, aber immer bei dir sein, wenn du mich<br />

brauchst.»<br />

Zwei Stunden später brachte er mich zu meiner Mutter. Sie war<br />

überglücklich. Peter fuhr zurück nach Villingen.<br />

Der Fremde aus Paris<br />

Wäre ich frei gewesen und hätte mich nicht jede Woche bei der<br />

französischen Militärbehörde in Villingen melden müssen oder wenn<br />

ich irgendeine berufliche Tätigkeit hätte ausüben dürfen oder wenigstens<br />

gewußt hätte, wann ich meine Freiheit zurückgewinne,<br />

dann hätte ich unseren Aufenthalt in Königsfeld genießen können.<br />

Denn dieser Ort, in herrlichen Wäldern eingebettet, hatte eine besondere<br />

Atmosphäre. Es waren die Bewohner, die diesem Kurort<br />

ihre Prägung gaben. Von ihnen kamen starke religiöse, geistige und<br />

künstlerische Impulse, und Frau Raithel war eine liebenswürdige,<br />

warmherzige Vermieterin.<br />

In Königsfeld bestimmte die christliche Brüdergemeinde, die Dichterlesungen,<br />

Kirchenkonzerte und interessante Vorträge veranstaltete,<br />

das geistige Leben. Auch lebten hier viele Anhänger der<br />

antroposophischen Lehre Dr. Steiners, und in Königsfeld hatte auch<br />

der berühmte Religionsforscher und Afrikaarzt Dr. Albert Schweitzer<br />

ein kleines Sommerhaus besessen. Die Stadt besaß schöne Parkanlagen,<br />

Sanatorien, Pensionen und kleinere Hotels. Keine Hochhäuser<br />

oder häßliche Betonbauten verunstalteten den Ort.<br />

Aber diese friedvolle Atmosphäre übertrug sich nicht auf mich.<br />

Täglich wartete ich mit immer größerer Ungeduld auf den Postboten<br />

— auf eine Nachricht, von der ich mir die Freiheit erhoffte.<br />

An einem nebligen Herbsttag besuchte uns ein Fremder. Er stellte<br />

sich als ein Monsieur Desmarais aus Paris vor. Wir waren mehr als<br />

mißtrauisch. Er schien unsere Gefühle zu erraten und sagte mit<br />

weicher, einschmeichelnder Stimme: «Haben Sie keine Angst, ich<br />

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