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meine Brille haben, in der Überzeugung, daß er dadurch wieder<br />

sehen könnte. Ich versuchte ihnen klarzumachen, daß eine Sonnenbrille<br />

keine Medizinbrille sei. Erst als der Blinde mit meiner Brille<br />

nicht sehen konnte, war niemand mehr an ihr interessiert.<br />

Vor allem anderen faszinierten mich die jungen Männer mit ihren<br />

bemalten Gesichtern. Über welch unglaubliche Phantasie und<br />

künstlerische Begabung verfügten diese Eingeborenen. Der Sinn ihrer<br />

Bemalungen war die Steigerung ihres Aussehens, und jeder wollte<br />

dabei den anderen übertreffen. Mit der Zeit kannte ich schon viele<br />

von ihnen mit Namen. Sie hatten bemerkt, wie beeindruckt ich von<br />

ihren Bemalungen war, und nun versuchten sie, mich mit täglich<br />

neuen Masken in Erstaunen und Begeisterung zu versetzen. Einige<br />

von ihnen waren besonders begabt. Ihre figürlichen Zeichnungen,<br />

oftmals auch ganz abstrakt, die weniger kultische Bedeutung besaßen,<br />

sondern mehr der Ästhetik dienten, rührten an die Ursprünge<br />

der Kunst. Ob sie sich symmetrisch oder asymmetrisch mit Ornamenten,<br />

Linien oder stilisierten Figuren bemalten, immer war der<br />

Eindruck harmonisch. Wie sie Zeichen und Farben benutzten, bewies<br />

ihre hohe künstlerische Vorstellungskraft. Sie sahen wie lebende<br />

Bilder von Picasso aus. Niemand weiß, woher die Nuba diese<br />

unglaubliche Begabung haben, niemand hat es bisher erforscht, und<br />

es wird wohl ein Geheimnis bleiben.<br />

Einige Nuba besaßen noch Spiegel aus der Zeit, als die Engländer<br />

den Sudan verwaltet hatten. Aber auch von arabischen Händlern<br />

bekamen sie welche. Ich selbst hatte eine Anzahl Spiegel mitgebracht,<br />

ihnen aber noch keine gegeben, ahnend, was dann geschehen<br />

würde. Leider war ich töricht genug und schenkte einige meinen<br />

Freunden, was ich bitter bereuen mußte. Von nun an ließen sie mir,<br />

sobald sie mich sahen, keine Ruhe mehr, besonders die Knaben und<br />

Halbwüchsigen forderten unaufhörlich von mir die «mandaras», wie<br />

sie auf arabisch heißen. Als ich keine mehr hatte — und so viele, wie<br />

sie nun haben wollten, hätte ich gar nie mitbringen können —, griffen<br />

sie in meine Taschen, wurden aufdringlich und auch böse. Der Wunsch<br />

nach den Spiegeln breitete sich in Nyaro, Kau und Fungor wie eine<br />

Epidemie aus — wo ich erschien, riefen sie: «Leni mandara.» Etwas<br />

Ähnliches hatten wir schon vorher erlebt, als wir von einigen Mädchen<br />

und jungen Männern Polaroid-Aufnahmen gemacht hatten.<br />

Jeder wollte nun eine haben. Daß unsere Fotokameras keine Papierbilder<br />

ausspucken konnten, begriffen sie nicht und meinten daher,<br />

dies wäre böser Wille, was zur Folge hatte, daß sie sich nicht mehr<br />

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