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land. Wir müssen Ihre Lunge operieren.»<br />

Nun überkam mich zum ersten Mal Angst. Professor Dr. Cohn<br />

und sein Stellvertreter waren auf Urlaub. Immer wieder verweigerte<br />

ich meine Zustimmung. Mein Zustand verschlechterte sich. Täglich<br />

wurde eine lange dicke Nadel durch meinen Rücken in die<br />

Lunge gestoßen, um eine Thrombose zu verhindern. Diese jungen,<br />

sehr bemühten Ärzte versuchten vergeblich, mich zu einer Operation<br />

zu bewegen. In meinem Leben bin ich immer dem Gefühl, nur<br />

selten der Vernunft gefolgt. Und vor dieser Operation sträubte sich<br />

mein Gefühl.<br />

Bei Dr. Cohns Rückkehr hatte sich inzwischen, für die Ärzte ein<br />

Rätsel, die Lunge ohne Operation von selbst wie ein Ballon wieder<br />

aufgeblasen. Von nun an machte meine Genesung erstaunliche Fortschritte.<br />

Kaum sechs Wochen nach dem Unfall konnte ich schon<br />

aufstehen und die ersten Gehversuche machen.<br />

George Six, noch humpelnd und am Stock gehend, kam in mein<br />

Krankenzimmer. Meine Freude war unbeschreiblich. Er besuchte<br />

mich nun täglich, brachte Früchte und Schokolade. Schließlich machte<br />

er mir den Vorschlag, mich heimlich aus dem Hospital zu bringen.<br />

Sobald ich das erste Mal in den Garten gehen durfte, würde er mich<br />

mit seinem Wagen nach Arusha entführen, wo seine Frau mich<br />

gesund pflegen sollte. Die Flucht aus dem Hospital fiel mir leicht.<br />

Als ich neben Six wieder in einem Geländewagen saß, hatte ich<br />

Unfall und Schmerzen vergessen. Noch stärker als während meiner<br />

ersten Fahrt sog ich die afrikanische Landschaft in mich ein. Plötzlich<br />

packte ich Six am Arm und rief: «Halten, halten!»<br />

Er sah mich verblüfft an. Am Rande der sandigen Straße gingen<br />

zwei königliche Gestalten. Ohne unser Fahrzeug eines Blickes zu<br />

würdigen, gingen sie mit weiten Schritten vor uns her. Sie waren in<br />

ockerfarbene Gewänder gekleidet, die auf einer Seite verknotet waren,<br />

auf den Köpfen trugen sie einen seltsamen Schmuck aus hohen<br />

schwarzen Straußenfedern, und in den Händen hielten sie Speere<br />

und Schilder. Bis zu diesem Augenblick hatte ich noch nie afrikanische<br />

Eingeborene in dieser ihrer Ursprünglichkeit gesehen, immer<br />

nur solche, die europäisch gekleidet waren. Ich war hingerissen und<br />

fotografierte sie — ich wollte sie kennenlernen. Doch Six fuhr weiter.<br />

Ich schrie ihn an: «Wir müssen die beiden mitnehmen!»<br />

Er sagte trocken, abfällig: «Nein, die stinken mir zu sehr. Die<br />

nehme ich nicht mit.»<br />

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