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Clancy, Tom - Jack Ryan 12 - Red Rabbit.pdf

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dings waren es letztlich wieder Menschen, die über die Rechtmäßigkeit<br />

solcher Gründe entschieden. Wer zur rechten Zeit am<br />

rechten Ort mit umfassender Autorität ausgestattet war, hatte das<br />

Recht zu töten, weil... Warum?<br />

Weil es Marx und Lenin so gesagt hatten.<br />

Das war schon vor langer Zeit von der Regierung so entschieden<br />

worden.<br />

Zaitzew butterte die letzte Brotschnitte und wischte dann damit<br />

die Reste der Soße aus seiner Schüssel. Ihm war klar, dass er allzu<br />

tiefe, ja geradezu gefährliche Gedanken wälzte. Der Gesellschaft,<br />

in der er lebte, war unabhängiges Denken prinzipiell suspekt, und<br />

es gehörte sich schlichtweg nicht, die Partei in ihrer Weisheit in<br />

Frage zu stellen. Schon gar nicht hier, an seinem Arbeitsplatz. In der<br />

KGB-Kantine würde man nie und nimmer irgendeinen Kollegen<br />

laut die Frage stellen hören, ob denn der Partei und dem Land, dem<br />

sie diente, jemals ein Fehler unterlaufen könnten. Zugegeben,<br />

manchmal, wenn auch selten, wurde über einzelne politische Entscheidungen<br />

diskutiert, aber auch solche Gespräche hatten Grenzen,<br />

die höher und fester waren als die Ziegelmauern des Kreml.<br />

Die Moral des Landes, philosophierte Zaitzew im Stillen, war von<br />

einem in London lebenden deutschen Juden vorgeprägt worden und<br />

wurde schließlich kanonisiert durch den Sohn eines zaristischen<br />

Verwaltungsbeamten, der den Zaren nicht leiden konnte und dessen<br />

radikal gesinnter Bruder hingerichtet worden war, weil er sich gegen<br />

den Zaren aufgelehnt hatte. Dieser Mann mit Namen Lenin hatte in<br />

der Schweiz, dem kapitalistischsten aller Länder, Exil gefunden und<br />

war dann von den Deutschen nach Russland zurückbeordert worden,<br />

damit er die zaristische Regierung stürzte und den Deutschen<br />

den Rücken freihielt für ihre expansiven Pläne an der Westfront des<br />

Ersten Weltkriegs. Diese Geschichte hörte sich nun wahrhaftig<br />

nicht so an, als hätte ein Gott seine Hand im Spiel gehabt, um den<br />

Menschen zu helfen, oder? Lenins Modell zur Veränderung seines<br />

Landes – und endlich der ganzen Welt – war einem Buch von Karl<br />

Marx entlehnt, des Weiteren von einzelnen Schriften aus der Feder<br />

Friedrich Engels’ sowie der eigenen Vision und Ambition, das<br />

Oberhaupt einer ganz neu verfassten Nation zu werden.<br />

Der einzige Unterschied zwischen dem Marxismus-Leninismus<br />

und einer Religion bestand darin, dass dieser keinen Gott kannte. In<br />

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