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Das Bistum Münster 7,1. Die Diözese - Germania Sacra

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218 3. Historische Übersicht<br />

Besorgt entsandte Landgraf Philipp Theologen unter Führung von <strong>Die</strong>trich<br />

Fabricius nach <strong>Münster</strong>, um den innerreformatorischen Streit durch Aufstellung<br />

einer neuen Kirchenordnung zu schlichten. <strong>Die</strong> von der Delegation am 30. November<br />

verlesene Ordnung erlangte aber in der chaotischen Entwicklung keine<br />

Wirkung mehr. Gekränkt über die Einmischung des Landgrafen distanzierte sich<br />

auch Bischof Franz von ihr. Er erkannte nicht die Absicht Philipps, Rothmann<br />

mit einer Einladung zur Disputation in Kassel aus <strong>Münster</strong> wegzulocken, und<br />

verweigerte diesem das Geleit. Damit verspielte er die letzte Möglichkeit, der<br />

Radikalisierung Einhalt zu gebieten.<br />

Schon setzte ein nicht abbrechender Zuzug von Täufern ein, vornehmlich<br />

aus den Niederlanden und Friesland. Sie standen unter dem Einfluß des Haarlerner<br />

Bäckers Jan Mathys, der das Täuferprinzip der Gewaltlosigkeit aufgab und<br />

die Vernichtung aller "Gottlosen" durch das Schwert forderte. Mathys berief<br />

sich dabei auf eigene "innere Offenbarungen". Alle bestehenden Obrigkeiten<br />

lehnte er als gottlos ab.<br />

<strong>Das</strong> Verhängnis nahm seinen Lauf, als am 5. Januar 1534 zwei Abgesandte<br />

des Jan Mathys in <strong>Münster</strong> ankamen und am folgenden Tage Bernhard Rothmann<br />

und den Wassenbergern die Taufe spendeten. In kurzer Zeit ließen sich<br />

viele Frauen, darunter Nonnen von St. Aegidii und Überwasser, taufen. <strong>Die</strong><br />

Schwestern von Marienthal gen. Niesing lehnten dagegen die Taufe ab und<br />

verließen die Stadt. Auch Männer aller sozialen Schichten schlossen sich den<br />

Täufern an. Am 13. d. M. erschien J an Bockelszoen von Leiden, eine verkrachte,<br />

aber anziehende Persönlichkeit, der spätere König des Tausendjährigen Reiches.<br />

Er fand angeblich schon 1400 Getaufte vor. Wie besessen durcheilten Frauen<br />

und Männer die Straßen, riefen zur Buße auf und gaben vor, Himmelserscheinungen<br />

zu sehen.<br />

Als die Taufgesinnten am 9. Februar 1534 den Stadtrat entmachteten, versammelten<br />

sich die Anhänger der vorwiegend aus Lutheranern bestehenden<br />

Ratspartei bewaffnet auf dem Überwasserkirchhof, konnten sich aber nicht zum<br />

Angriff auf die Täufer entschließen, um dem Bischof keinen Grund zum Eingreifen<br />

in die Hand zu spielen, was das Ende der städtischen Freiheit besiegelt<br />

hätte. <strong>Die</strong> Konfrontation endete mit dem unseligen Vergleich vom 1<strong>1.</strong> d. M.,<br />

der die Täufer zum Gehorsam gegenüber dem Magistrat verpflichtete, ihnen<br />

aber völlige Glaubensfreiheit zubilligte. Zahlreiche Anhänger der Ratspartei verließen<br />

ahnungsvoll die Stadt. Dafür zogen Täufer aus Nah und Fern in die<br />

Stadtmauern ein. Aus den Wahlen vom 23. d. M. ging ein ganz von Täufern<br />

beherrschter Stadtrat hervor.<br />

Niemand konnte mehr an einen friedlichen Ausgang denken. Am selben Tage<br />

bezog Bischof Franz sein Hauptquartier in Telgte, um die Einschließung der<br />

Stadt zu befehligen. In ihr übernahm der fanatische Jan Mathys die Führung.<br />

<strong>Die</strong> immer gewaltsamere Formen annehmende Auseinandersetzung, die Errichtung<br />

des Tausendjährigen Reiches bis zu dessen Untergang sind so oft be-

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