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Das Bistum Münster 7,1. Die Diözese - Germania Sacra

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§ 49. Gerichtsverfassung 627<br />

deten Unterpersonals, der Advokaten und Prokuratoren, oft erkannt und beklagt,<br />

konnten doch nicht abgestellt werden. Jeder Versuch der Besserung endete<br />

im Gestrüpp der bestehenden Verhältnisse oder scheiterte am chronischen<br />

Geldmangel. So kam es dazu, daß nach der Besitznahme des Oberstifts durch<br />

Preußen (1802) die nun einsetzende unabhängige Gerichtsbarkeit besonders von<br />

Bürgern und Bauern als unschätzbarer Fortschritt betrachtet wurde, obgleich die<br />

katholische Bevölkerung starke Vorbehalte gegen den neuen protestantischen<br />

Landesherrn hegte.<br />

Bis zum Ende des Fürstbistums gelang es auch nicht, die Frage der Appellationsinstanz<br />

befriedigend zu lösen. Zwar galt es als altes Herkommen, gegen<br />

Urteile der Untergerichte vor dem Jahre 1571 an das Gogericht zum Sandwelle<br />

oder, im Niederstift, an das Gogericht zum D esum zu appellieren, deren Entscheidungen<br />

nicht weiter angefochten werden konnten (Bartmann S.320;<br />

Schmitz-Eckert S.49), doch bildete sich im 16. Jahrhundert daneben die Gewohnheit<br />

heraus, auch an den Landesherrn zu appellieren. <strong>Die</strong>ses Verfahren<br />

wurde im Privilegium patriae vom 6. April 1570 anerkannt, erlosch aber mit der<br />

Hofgerichtsordnung von 1571 wieder. Berufungen sollten nunmehr an das Weltliche<br />

Hofgericht, von dort an das Reichskammergericht laufen. Appellationen<br />

von der Domimmunität und den Archidiakonaten richteten sich wie bisher an<br />

das Offizialat, von da an den Kölner Offizial. Nur in Ausnahmefällen durfte die<br />

Regierung in Berufungsfällen angesprochen werden (Schmitz-Eckert S. 49 f.).<br />

Nicht immer wurden diese Regeln beachtet. Grundsätzlich war die Obrigkeit<br />

daran interessiert, daß Prozesse im Lande blieben, um die für die Prozeßführung<br />

aufgewendeten Gelder innerhalb der Landesgrenzen zu halten. Berufungen nach<br />

Köln oder gar Rom sah man ungern, zumal die Kölner Nuntiatur seit ihrer<br />

Gründung versuchte, sich als Appellationsinstanz ins Spiel zu bringen, wenn<br />

auch mit geringem Erfolg. Unter den Reichsgerichten stand das Reichskammergericht<br />

an erster Stelle. So bietet die gut überlieferte Registratur dieses Gerichts<br />

eine unerschöpfliche Quelle historischer Nachrichten, da bei Berufungen die<br />

Vorakten mit allen Unterlagen eingesandt wurden. 1 )<br />

1) Auf diesem Wege ist z. B. wenigstens ein Teil des Bürgerbuchs der Stadt <strong>Münster</strong><br />

der Nachwelt erhalten geblieben. <strong>Die</strong> das Oberstift <strong>Münster</strong> betreffenden Prozeßakten<br />

lagern jetzt im Staatsarchiv <strong>Münster</strong>, die auf das Niederstift bezüglichen Prozesse in den<br />

Staatsarchiven Osnabrück und Oldenburg. Ein großer Nachteil der Speyrer Prozeßführung<br />

lag in seiner Langsamkeit. Eine einzige Sache konnte sich Jahrzehnte, wenn nicht<br />

Jahrhunderte hinziehen (Gerichte des Alten Reiches bearb. v. Günter ADERs unter Mitwirkung<br />

von Helmut RICHTERING: <strong>Das</strong> Staats archiv <strong>Münster</strong> und seine Bestände 2. 1966-<br />

1973) . - Daneben bestand die Möglichkeit, eine Berufung an den Wiener Reichshofrat<br />

zu richten. Davon wurde jedoch meist nur bei politisch gefärbten Angelegenheiten Gebrauch<br />

gemacht (ebd. T. 2. 1968 S. 477 - 482. Der Großteil der Akten lagert im Wiener<br />

Haus-, Hof- und Staatsarchiv: Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staats archivs<br />

<strong>1.</strong> Wien 1936 S. 287 f.).

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