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Das Bistum Münster 7,1. Die Diözese - Germania Sacra

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398 4. Verfassung<br />

ten geistlichen Jurisdiktion, ausgeübt durch die ihm angehörenden Archidiakone.<br />

Hinzu trat das um etwa dieselbe Zeit errungene Bischofswahlrecht, das den<br />

jeweiligen Ordinarius automatisch in Abhängigkeit vom Kapitel brachte (vgl.<br />

§ 30 Wahlkapitulationen). <strong>Die</strong> Herkunft eines großen Teils der Domherren aus<br />

Familien des einheimischen Adels verstärkte das Gewicht des Gremiums in Landessachen,<br />

die auch immer Familiensachen darstellten. Wie das Kapitel seine<br />

Rechte und Ansprüche tatsächlich durchsetzen konnte, hing von den Persönlichkeiten<br />

der Landesherren und Dignitäre ab. <strong>Die</strong> in früherer Zeit zu beobachtende<br />

Beratertätigkeit einzelner Domherren beim Bischof mündete schließlich in der<br />

Pflicht des Landesherrn, in allen wichtigen Sachen die Zustimmung des Domkapitels<br />

einzuholen. <strong>Die</strong>se Pflicht wurde mit Hilfe der Wahlkapitulationen durchgesetzt.<br />

Wenn anfangs die für die Räte erforderlichen Fähigkeiten, Sachverstand<br />

und Bildung nur schwer außerhalb des Kapitels hätten gefunden werden können,<br />

so dienten solche Voraussetzungen auch später, um domkapitularische Ansprüche<br />

im Rahmen der Landstände durchzusetzen und sogar dem Kapitel innerhalb<br />

dieses Gremiums eine hervorragende Stellung zu verschaffen. Bis zum<br />

Ende des Alten Reiches blieb der Schwerpunkt landständischer Wirksamkeit im<br />

Domkapitel verankert.<br />

Von Haus aus vertrat das Domkapitel (Clerus primarius) die Interessen auch<br />

der übrigen Geistlichkeit der <strong>Diözese</strong> (Clerus secundarius). Seitdem das Kapitel<br />

sich gemäß Kapitelsbeschluß vom 12. Juli 1392 nur noch aus edlen bzw. ritterbürtigen<br />

Bewerbern rekrutierte - die Zulassung von Doktoren der Theologie<br />

und Graduierten stand nur auf dem Papier - und Papst Bonifaz IX. am 9. Juni<br />

1399 diese Praxis gebilligt hatte - er sprach schon nicht mehr von studierten<br />

Bewerbern -, war die verwandtschaftliche Verflechtung des Kapitels mit der<br />

Ritterschaft so eng geworden, daß die vom Zweiten Stand vertretenen weltlichen<br />

Interessen auch vom Ersten Stand wahrgenommen wurden. Beide Stände fühlten<br />

sich in gleichem Umfang für die Landespolitik zuständig. Ähnliche Entwicklungen<br />

lassen sich auch in den übrigen Bistümern der Kölner Provinz beobachten.<br />

Dagegen gehörten die Domkapitel in der Kirchenprovinz Mainz und in<br />

Süddeutschland gewöhnlich nicht zu den Landständen (Schubert S. 43).<br />

<strong>Die</strong> Verflechtung der Domkapitel in weltliche Angelegenheiten brachte nicht<br />

selten Konflikte mit den Landesherren mit sich (vgl. Historische Übersicht<br />

§ 10-18 und die Bischofsviten). Den Höhepunkt seiner Macht erreichte das<br />

Kapitel nach dem Tode Fürstbischof Johanns von Hoya (1574). <strong>Die</strong> anhaltenden<br />

Wahlwirren machten es zum alleinigen Regenten des Stifts. Selbst nach der Postulation<br />

Kurfürst Ernsts von Köln (1585) änderte sich an diesem Zustand<br />

nichts, da die Landstände dem neuen Herrn den Antritt der Regierung verweigerten.<br />

An Stelle des Kurfürsten regierte eine aus je zwei Mitgliedern des D omkapitels,<br />

der Ritterschaft und der Stadt <strong>Münster</strong> sowie einem Rechtsgelehrten<br />

zusammengesetzte Statthalterschaft unter Leitung des D omscholasters. <strong>Die</strong> Re-

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