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Das Bistum Münster 7,1. Die Diözese - Germania Sacra

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§ 52. Städtewesen 671<br />

In positiver Hinsicht besaßen die Stiftsstädte entscheidende Bedeutung für<br />

das Bildungs- und geistliche Leben. Nur in ihnen bestanden im Mittelalter die<br />

Voraussetzungen zur Errichtung von Schulen und anderen Bildungsstätten. Nur<br />

hier gab es Kirchen, Kollegiatstifte und Klöster mit zahlreichen Geistlichen,<br />

die religiöse Strömungen aufnahmen und weitergaben, die lesen und schreiben<br />

konnten. <strong>Die</strong> alten Damenstifte und wenigen Benediktiner auf dem Lande spielten<br />

hierbei, von der Bursfelder Kongregation abgesehen, kaum eine Rolle. Reformen<br />

und Neuanfänge spielten sich fast ganz in den Städten ab. <strong>Die</strong> Bischöfe<br />

nahmen daran nur geringen Anteil.<br />

Auch das politische Schicksal des Hochstifts entschied sich während der großen<br />

münsterischen Stiftsfehde weithin in der Hauptstadt. Bildete diese damals<br />

(1446 -1450) im Machtkampf sowohl Subjekt wie Objekt, so trug sie im Täuferaufstand<br />

von 1534/ 35 nur die Lasten und verlor darüber ihre Privilegien. Erst<br />

1541 gewann sie einen Teil ihrer Freiheiten und Rechte zurück (INAWestfBbd 3<br />

S. 84: Hs. 178 BI. 287).<br />

In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, als die Hauptstadt in folge der<br />

Niederlage der Täufer schon weitgehend rekatholisiert war, entwickelten sich<br />

die kleineren Stiftsstädte zu Hauptstützen des Protestantismus im Stift. Persönliche<br />

sowie Handelsbeziehungen zu den Niederlanden begünstigten die Annahme<br />

des Calvinismus. Angesichts wachsender Bedrohung durch gegenreformatorische<br />

Maßnahmen der Regierung schlossen die Stiftsstädte am 15. Juli 1600 ein<br />

gegenseitiges Schutzbündnis gegen jeden Angriff auf ihre Privilegien und religiösen<br />

Freiheiten (Schröer, Erneuerung 2 S. 241 f.). Im Gegenzug forderte die Regierung<br />

Richter und Beamte auf, in den Städten nur noch Katholiken als Ratsmitglieder<br />

zuzulassen, was einen Eingriff in die städtische Wahlfreiheit bedeutete.<br />

Politische und religiöse Streitpunkte waren in dem sich zuspitzenden Konflikt<br />

unlösbar miteinander verkettet. Als die Städte beim Einfall der protestantischen<br />

Parteigänger Christian von Braunschweig und Graf von Mansfeld in ihrem<br />

Widerstand gegen den Landesherrn verharrten, befahl ihnen Bischof Ferdinand<br />

am 14. November 1622, zum Schutz des Landes ligistische Truppen aufzunehmen.<br />

Der Kaiser unterstützte am 7. Dezember die Forderung. Dem geübten<br />

Kriegsvolk des ligistischen Oberbefehlshabers, Graf Anholts, waren die Städte<br />

auf die Dauer nicht gewachsen. Zwischen Februar und Juni 1623 öffneten alle<br />

ihre Tore und unterwarfen sich dem Landesherrn. Nur die Stadt <strong>Münster</strong> blieb<br />

verschont. Den Stiftsstädten wurden ihre Privilegien aberkannt. Der Rezeß vom<br />

15. März 1627 brachte ihnen zwar gewisse Erleichterungen, doch blieben sie<br />

weiterhin den landesherrlichen Befehlen unterworfen (ebd. S. 326-329; Klümper).<br />

<strong>Die</strong> Epoche weithin selbständiger Städte im Hochstift war damit abgeschlossen.<br />

Ausgenommen die Hauptstadt spielten die Stiftsstädte politisch, aber<br />

auch wirtschaftlich keine Rolle mehr. Selbst das geistige Leben war stark in<br />

Mitleidenschaft gezogen.

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