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Das Bistum Münster 7,1. Die Diözese - Germania Sacra

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650 4. Verfassung<br />

Bis zum Ende der fürstbischöflichen Herrschaft blieb die gutsherrlich-bäuerliche<br />

Verfassung neben der geistlichen Grundstruktur des Landes dessen hervorstechendstes<br />

Charakteristikum. Weit über zwei Drittel der Bevölkerung wurden<br />

von ihr erfaßt. Neben den kirchlichen Institutionen erscheint sie als stärkste<br />

staats tragende Kraft, obgleich die Grundherrschaft mit ihrer "Bündelung von<br />

Einzelrechten" und ihrer in Lagerbüchern verfestigten Rolle in erster Linie auf<br />

die Sicherung von Besitzrechten der Herrschaften und Pflichten der Abhängigen<br />

abzielte, nicht aber auf die Stärkung der Landeshoheit (Schubert S. 62 ff.).<br />

Über die Ursprünge der Grundherrschaft ist hier nicht zu sprechen. Sie bestand<br />

bereits bei der Gründung des <strong>Bistum</strong>s <strong>Münster</strong>. <strong>Die</strong> münsterische Kirche<br />

wurde zu Anfang des 9. Jahrhunderts vom König bzw. Kaiser mit einer Vielzahl<br />

bäuerlicher Höfe ausgestattet, deren Besitzer in persönlicher oder besitzrechtlicher<br />

Abhängigkeit von irgendeiner Herrschaft gestanden hatten. Es mag sich<br />

um ehemalige sächsische Höfe handeln, die vor der Beschlagnahme durch den<br />

fränkischen König bereits in einer nicht näher bestimmbaren Abhängigkeit zu<br />

einem sächsischen Herrn standen oder persönlich relative Freiheit genossen.<br />

Manche Anzeichen sprechen dafür, daß der dem Christentum und fränkischen<br />

Herrschaftssystem aufgeschlossener gegenüberstehende sächsische Adel, zumindest<br />

in seiner Mehrzahl, die im fränkischen Reich nach römischem Vorbild ausgebildete,<br />

im Vergleich zu den sächsischen Zuständen schärfere Grundherrschaft<br />

kannte und deren Vorteile schätzte, während die Ablehnung der christlichen<br />

Kirche durch die sächsischen Bauern unter anderem darauf zurückzuführen<br />

war, daß sie unter fränkischer Herrschaft eine Verschlechterung ihrer Rechtsstellung<br />

befürchten mußten.<br />

Alle kirchlichen Stiftungen des Mittelalters vollzogen sich im Stift <strong>Münster</strong><br />

nach demselben Muster wie die der münsterischen Kirche selbst, d. h. des <strong>Bistum</strong>s<br />

und seiner Kathedrale. Immer waren es Grundherren, die ihre Grundherrschaft<br />

zum Teil oder ganz für die Gründung eines monasterium oder einer<br />

Kirche für die Bevölkerung zur Verfügung stellten, in der Überzeugung, durch<br />

die Verwandlung irdischer in himmlische Güter ihr und ihrer Familie Seelenheil<br />

zu sichern, aber auch ihren Ruf in der Welt zu heben. <strong>Die</strong> auf diese Weise<br />

in das Eigentum von Stiftern, Klöstern, (pfarr) kirchen, Kapellen und Altären<br />

gelangenden bäuerlichen Hofbesitzer mit ihren Höfen sicherten die materielle<br />

Existenz der geistlichen Institutionen.<br />

<strong>Die</strong>selbe Rolle spielten die im Eigentum adeliger Geschlechter verbliebenen<br />

Güter. Auch sie verschafften, hier dem Adel, ein sicheres Einkommen und befreiten<br />

ihn von eigener Handarbeit. <strong>Die</strong> im Hochmittelalter einsetzende gewissenhafte<br />

Buchführung der geistlichen Grundherrschaften Westfalens brachte<br />

eine erstaunliche Konstanz der grundherrlich-bäuerlichen Beziehungen mit sich.<br />

Abgaben und <strong>Die</strong>nstleistungen der Abhängigen blieben über Jahrhunderte konstant.<br />

<strong>Das</strong> bedeutete eine fortschreitende Entlastung des Bauernstandes, da ver-

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